Prüfen Sie selbst den Impfschutz gegen Polio (Kinderlähmung)
- Ist Ihr Kind (12 Monate bis 8 Jahre) ausreichend geimpft? (Link führt zum RKI) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Überprüfung des Impfschutzes von Jugendlichen (9 bis 17 Jahre) (Link führt zum RKI) (Öffnet in einem neuen Tab)
- Überprüfung des Impfschutzes von Erwachsenen (Link führt zum RKI) (Öffnet in einem neuen Tab)
Bei fehlenden Impfungen oder wenn Sie sich nicht sicher sind, ob ein Impfschutz vorliegt, wenden Sie sich bitte an Ihre Arztpraxis.
Was ist bekannt?
Infektionen mit Polioviren können bei einem kleinen Teil der Infizierten zu einer sogenannten schlaffen Lähmung führen. Betroffen sind meist Kinder unter fünf Jahren, daher nennt man die Erkrankung auch Kinderlähmung. Die Lähmungen können zu dauerhaften Beeinträchtigungen oder sogar zum Tod führen, wenn beispielsweise die Atemmuskulatur betroffen ist. Die meisten Infizierten entwickeln nur allgemeine Symptome und erholen sich wieder. Polioviren verbreiten sich von Mensch zu Mensch.
Gegen Kinderlähmung (Polio) wird seit Jahrzehnten erfolgreich geimpft. Von dem Poliovirus gab es drei Wildtypen, von denen bereits zwei als ausgerottet gelten. Geblieben ist der Wildtyp 1, der zurzeit nur in Afghanistan und Pakistan noch auftritt.
Was sind vom Schluckimpfstoff abgeleitete Polioviren (VDPV)?
Für die Impfungen wurde jahrzehntelang ein Schluckimpfstoff eingesetzt, der abgeschwächte Polioviren enthielt. Diese Viren vermehren sich, so dass ein Immunschutz aufgebaut wird. Geimpfte scheiden eine Zeitlang Impfviren aus. „In Ländern, in denen die Schluckimpfung genutzt wird, ist dies sogar zu einem Teil erwünscht, weil so auch Menschen mit den abgeschwächten Impfviren in Kontakt kommen und immunisiert werden, ohne die eigentliche Schluckimpfung zu bekommen,“ beschreibt das Robert Koch-Institut. Wenn diese Viren jedoch länger zirkulieren, kann es zur Veränderung des Virus-Genoms (Erbgut) kommen. Immer wieder wurden solche veränderten Impfviren des Typs 2 (vaccine-derived poliovirus, VDPV2) beobachtet, die auch Lähmungen verursachten. Dies war der Hauptgrund dafür, dass in Deutschland (und vielen anderen Ländern) 1998 der Schluckimpfstoff durch einen inaktivierten Impfstoff (IPV) abgelöst wurde, der gespritzt wird und keine Krankheit auslösen kann.
Überwachung von Kläranlagen
Seit 2021 wird in einem Forschungsprojekt in sieben deutschen Städten regelmäßig das Abwasser auf bestimmte Krankheitserreger untersucht. Inzwischen (beginnend Ende Oktober) wurden an allen Standorten (München, Bonn, Köln, Hamburg, Dresden, Düsseldorf, Mainz) veränderte Impf-Polioviren nachgewiesen.
Wie kommen Impfviren in deutsche Kläranlagen?
Da die Schluckimpfung in einigen Ländern noch eingesetzt wird, sind Nachweise von Impfviren im Abwasser nicht ungewöhnlich. Dies gilt auch für Länder, die keine Schluckimpfung mehr nutzen, da Impfviren durch Reisende hineingebracht werden können. In Deutschland konnten Polio-Impfviren mehrfach im Abwasser nachgewiesen werden.
Warum ist der jetzige Fund von veränderten Impfviren (VDPV) besonders?
Es handelt sich um Impfviren, die sich bereits genetisch verändert haben (VDPV2), sich also schon länger verbreiten. Außerdem zeigte die genaue Untersuchung des Virengenoms, dass die Viren an den verschiedenen Orten in Deutschland sehr ähnlich sind. Das bedeutet, dass es sich um ein zirkulierendes VDPV2 handelt, das bereits verbreitet ist.
Unklar ist, ob das Virus bereits innerhalb von Deutschland zirkuliert oder ob die Viren ausschließlich von Menschen ausgeschieden werden, die sich außerhalb Deutschlands infiziert haben. Es ist jedoch denkbar, dass Menschen hierzulande das Virus weitergeben und einzelne, ungeimpfte Personen möglicherweise auch erkranken.
Es gibt zu viele ungeschützte Menschen
Je mehr ungeschützte Menschen es gibt, desto leichter ist es für das Virus, sich zu verbreiten. Deswegen ist es wichtig auf rechtzeitige Impfungen zu achten. Laut Empfehlungen sollte die aus drei Impfstoffdosen bestehende Grundimmunisierung gegen Polio mit 12 Monaten abgeschlossen sein. Aktuelle Impfquoten zeigen jedoch, dass die dritte Impfdosis meist zu spät verabreicht wird. Deswegen weisen mehr als eine halbe Million Kinder eines Geburtsjahrgangs zum ersten Geburtstag noch keinen vollständigen Impfschutz auf. Mit zwei Jahren sind es immer noch mehr als 180.000 Kinder pro Jahrgang. Zudem gibt es große regionale Impflücken: In manchen Landkreisen sind weniger als 60 % der Zweijährigen geschützt. Im Landkreis Marburg-Biedenkopf waren nur 73,4 % der Zweijährigen (Jahrgang 2021) geschützt.
Letzte Änderung: 16.12.2024