Für Sie bzw. eine/n Angehörige/n steht die Aufnahme in eine Pflegeeinrichtung bevor oder ist ggf. bereits erfolgt? Sie fragen sich, wie eine dauerhafte Finanzierung der notwendigen Pflege und Betreuung im Pflegeheim sicher gestellt werden kann?
Voraussetzungen der Hilfegewährung
- Rechtzeitige Antragstellung vor der Heimaufnahme, da die Sozialhilfe erst ab dem Bekanntwerden gewährt wird. Eine telefonische Bekanntgabe des Sachverhaltes ist zur Wahrung eines Anspruches möglich.
- Die Notwendigkeit der vollstationären Pflegeheimaufnahme muss durch die Pflegekasse bestätigt und durch den Landkreis Marburg-Biedenkopf ebenfalls entsprechend dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ geprüft werden.
- Die Einkünfte der pflegebedürftigen Person und ggf. auch des Ehepartners sowie die Leistung der Pflegekasse reichen zur vollständigen Deckung der Heimkosten nicht aus.
- Das Vermögen der pflegebedürftigen Person darf die Freigrenze in Höhe von 10.000 € nicht übersteigen. Für Ehepaare liegt der Vermögensfreibetrag seit 01.01.2023 bei 20.000 €.
- Die Pflegeeinrichtung muss eine sog. Pflegesatzvereinbarung mit den Leistungsträgern, d.h. den Pflegekassen und dem Sozialhilfeträger abgeschlossen haben (ist I.d.R. der Fall).
Welche Unterlagen sind erforderlich?
- Kopie des Personalausweises
- Pflegegutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK)
- bereits vorhandene Bescheide der Pflegekasse
- Rentenbescheide zu Altersruhegeld, Witwenrente, Zusatzrenten, Betriebs- bzw. Werksrenten
- Girokontoauszüge der letzten drei Monate
- Kopien bzw. sonstige Nachweise aller Sparbücher, Festgeldkonten, u.a., die in den 10 Jahren vor Antragstellung bestanden haben
- Policen von Lebens– und Sterbegeldversicherungen mit Nachweis des aktuellen Rückkaufswertes
- Grundbuchauszüge zu vorhandenen Grundstücken
- Kopie des Übergabevertrages bei Übergabe von Grundbesitz
- Kopie des ggf. vorhandenen Schwerbehindertenausweises
- Kopie des Betreuerausweises bei Bestehen einer Betreuung
- Vollmacht, sofern der Antrag von Angehörigen oder sonstigen Personen eingereicht wird
An welche Behörde muss ich mich wenden?
Maßgebend für die Zuständigkeit zur Hilfeleistung in Pflegeheimen ist der gewöhnliche Aufenthalt, d.h. in der Regel die Meldeanschrift, innerhalb der letzten zwei Monate vor der Heimaufnahme.
Unabhängig davon, in welcher Pflegeeinrichtung die Aufnahme erfolgen soll bzw. erfolgt ist, ist unser Fachdienst somit zuständig, sofern der Wohnort vor Aufnahme in die Einrichtung innerhalb des Landkreises Marburg-Biedenkopf lag.
Gehört der Wohnort vor Heimaufnahme zum Stadtgebiet Marburg erfolgt die Antragstellung und Leistungsgewährung durch den Fachdienst 50 – Soziale Leistungen – der Stadtverwaltung Marburg, Friedrichstraße 36, 35037 Marburg.
Welches Einkommen und Vermögen muss ich zur Heimfinanzierung einsetzen?
Hilfe zur Pflege ist nur möglich, wenn alle anderen vorrangigen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Eigenes Einkommen und Vermögen muss daher bis auf wenige Ausnahmen grundsätzlich zur Finanzierung der Pflegekosten eingesetzt werden.
Zu den einzusetzenden Einkünften zählen insbesondere:
- Renten aller Art
- Miet- und / oder Pachterlöse
- ggf. bewilligte Wohngeldleistungen
- ggf. bereits erfolgende Unterhaltszahlungen
- Zahlungen auf Basis sog. Altenteils– oder Übergabeverträge
Bei Ehepaaren sind grundsätzlich die gemeinsamen Einkünfte zu berücksichtigen. Aus diesen wird ein an die Pflegeeinrichtung zu zahlender Kostenbeitrag errechnet. Hierbei wird sichergestellt, dass der Lebensunterhalt und die anzuerkennenden laufenden Kosten des Ehepartners auch weiterhin bezahlt werden können (z.B. Miete, Nebenkosten, bestimmte Versicherungen).
Insbesondere der Einsatz folgender Vermögenswerte ist durch den Sozialhilfeträger zu prüfen:
- Guthaben auf Girokonten / Sparbüchern und Bargeld
- Bausparverträge / Rückkaufswerte von Lebensversicherungen
- Wertpapiere
- Kraftfahrzeuge, Kunstgegenstände, Sammlungen
- Hauseigentum, Grundstücke, Ackerland, Waldbesitz
Was passiert mit meinem/unserem Haus?
Sofern der/die Heimbewohner/in und/oder der Ehepartner Eigentümer eines Hausgrundstückes ist/sind, muss geprüft werden, ob dieser Grundbesitz nach § 90 Abs. 2 Ziffer 8 SGB XII als geschützt zu betrachten ist.
Keinen Schutz genießen Wohnhäuser, die nicht mehr von dem/der Leistungsempfänger/in und/oder dem Ehepartner bewohnt werden. Für dieses Grundvermögen besteht die Verpflichtung der Veräußerung, damit aus dem Erlös die Pflegekosten gedeckt werden können. Ist eine sofortige Verwertung (z.B. mangels Kaufinteressenten) nicht möglich, kann die erforderliche Sozialhilfe gemäß § 91 SGB XII als Darlehen bewilligt werden.
Wird das Wohnhaus auch nach der Heimaufnahme noch von dem Ehepartner bewohnt, ist zu prüfen, ob das Wohnhaus als angemessen zu betrachten ist. Dies geschieht anhand grundstücksbezogener Kriterien (u.a. Wohnfläche, Wert, Grundstücksgröße) auf der Grundlage einer Schätzung durch das zuständige Ortsgericht bzw. den sog. Gutachterausschuss.
Erfüllt das Hausgrundstück die Angemessenheitskriterien, erfolgt die Hilfeleistung zunächst als Pflegekostenzuschuss, eine vorrangige Verwertung des Hauses ist nicht erforderlich.
Ist das Hausgrundstück als unangemessen zu betrachten, muss es vorrangig zur Deckung der Pflegekosten eingesetzt werden. In diesen Fällen wird die Hilfe als Darlehen nach § 91 SGB XII bewilligt, damit auch in diesen Fällen ein Auszug bzw. Wohnsitzwechsel des Ehepartners vermieden werden kann.
Müssen meine Kinder für die Pflege zahlen?
Sobald für eine/n Heimbewohner/in Sozialhilfe gewährt wird, gehen die gesetzlichen Unterhaltsansprüche auf den Sozialhilfeträger über, sofern das Jahreseinkommen des unterhaltspflichtgen Kindes mehr als 100.000 € beträgt. Im Regelfall wird vermutet, dass dieses Jahreseinkommen nicht überschritten wird.
Gibt es jedoch Anhaltspunkte für ein Überschreiten der Jahreseinkommensgrenze, werden die Kinder in einem ersten Schritt um die Erteilung von Auskünften zu Ihren Einkünften und Vermögenswerten gebeten (§ 117 SGB XII).
Auf der Basis dieser Informationen wird dann unter Zugrundelegung der sog. Mindestselbstbehalte geprüft, in welcher Höhe die Kinder in der Lage sind, die Pflegeheimkosten (anteilig) zu bezahlen.
Auch die Schwiegerkinder sind nach § 117 SGB XII zur Erteilung der Auskünfte über Einkommen und Vermögen verpflichtet, da der individuelle Familienbedarf des Kindes nur mit Kenntnis aller ehelichen Einkünfte und Vermögenswerte zu ermitteln ist. Unterhaltszahlungen aus dem Einkommen bzw. Vermögen der Schwiegerkinder sind jedoch ausgeschlossen.
Derzeit liegen die Mindestselbstbehalte im sog. Elternunterhalt bei mindestens 2.000 € für das unterhaltspflichtige Kind und weiteren 1.600 € für den Ehepartner (= 3.600 € für das Ehepaar).
Prüfung sonstiger vorrangiger Ansprüche
Neben der Prüfung von Unterhaltsansprüchen sind gemäß § 93 SGB XII bei einer Sozialhilfegewährung noch weitere vorrangige Ansprüche durch den Sozialhilfeträger zu prüfen. Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang vor allem
- Ansprüche aus Altenteils- bzw. Übergabeverträgen (z.B. Wohnrechte, Leibrenten, Pflegeverpflichtungen, o.ä.)
- Ansprüche auf Rückforderung/en der innerhalb der letzten zehn Jahre getätigten Schenkungen nach § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Ansprüche gegen private Versicherungen (z.B. Unfall- und/oder Haftpflichtversicherungen)
Was sonst noch wichtig ist!
- Im Zusammenhang mit der Sozialhilfegewährung sind Angaben zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen richtig und vollständig zu machen und Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Mangelnde Mitwirkung bzw. fehlerhafte oder unvollständige Angaben können zur Versagung der beantragten Hilfe oder der Rückforderung bereits gezahlter Leistungen führen.
- Heimbewohner/-innen, die Sozialhilfe erhalten, haben neben der Hilfe zur Pflege auch Anspruch auf Auszahlung eines monatlichen Taschengeldes (= sog. Barbetrag). Dieses steht dem/der Heimbewohner/-in zur freien Verfügung und wird monatlich – je nach Vereinbarung – auf das eigene Girokonto oder an die Pflegeeinrichtung ausgezahlt. Das Taschengeld beträgt derzeit 152,01 €, wird i.d.R. aber zum 01.01. eines Jahres leicht erhöht.
- Sozialhilfebedürftige Heimbewohner/-innen erhalten zudem eine Unterstützung zur Neuanschaffung von Bekleidung und / oder Schuhen. Das Gesetz sieht dafür die Gewährung einer sog. Bekleidungspauschale vor (§ 27 b SGB XII). Sie liegt derzeit bei 28,20 € monatlich und wird zusammen mit dem Taschengeld ausgezahlt.
- Sofern die Hilfeleistung als Darlehen bewilligt worden ist oder Hausgrundstücke zum Nachlass des/der Leistungsempfänger/-in gehören, sind die Sozialhilfeaufwendungen später zurückzuzahlen (ggf. durch die Erben/Erbinnen).
- Diese Seite liefert lediglich einen ersten Überblick. Bei weiteren Einzelfragen zögern Sie bitte nicht, sich mit den Mitarbeiter/-innen unseres Fachdienstes in Verbindung zu setzen. Antragsformulare können dort ebenfalls angefordert werden.