Aufgrund des § 22 Abs. 2 und § 23 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz) in der Fassung vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Gesetz vom 08. Dezember 2022 (BGBl. I S. 2240), in Verbindung mit § 12 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz vom 20. Dezember 2010 (GVBl. I S. 629), zuletzt geändert durch Gesetz vom 07. Mai 2020 (GVBl S. 318), wird nach Beteiligung der anerkannten Naturschutzvereinigungen im Sinne der §§ 63 Abs. 2 und 74 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes, im Einvernehmen mit der Oberen Naturschutzbehörde verordnet:
§ 1 Lage und Abgrenzung |
(1) Der ehemalige Diabassteinbruch „Steinbruch Kohlenacker“ bei Gönnern wird in den Grenzen, die sich aus der in Absatz 3 genannten Abgrenzungskarte ergeben, zum Naturschutzgebiet erklärt.
(2) Das Naturschutzgebiet „Steinbruch Kohlenacker“ umfasst das Flurstück 2/2 der Flur 15 in der Gemarkung Gönnern der Gemeinde Angelburg im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Es hat eine Größe von 5,87 ha und besteht aus einer grundwassergespeisten Wasserfläche mit abbaubedingten Lehm- und Löss-Steilwänden, Block- und Silikatschutthalden, einem umgebenden Laub-Nadel-Mischwald, artenreichen Borstgrasrasen, Magerrasen saurer Standorte und ausdauernden Ruderalfluren. Die örtliche Lage des Naturschutzgebietes ergibt sich aus der Übersichtskarte im Maßstab 1:7.500. Sie wird als Anlage 1 zu dieser Verordnung veröffentlicht.
(3) Die Grenzen des Naturschutzgebietes sind in der als Anlage 2 zu dieser Verordnung veröffentlichten Abgrenzungskarte im Maßstab 1:2.500 festgelegt, in der das Naturschutzgebiet durch eine blaue Linie umrandet ist. Die Karte ist Bestandteil dieser Verordnung.
Sie wird von der Unteren Naturschutzbehörde des Kreisausschusses des Landkreises Marburg-Biedenkopf, Im Lichtenholz 60, 35043 Marburg, im Archiv aufbewahrt.
Eine Abschrift dieser Karte befindet sich beim Regierungspräsidium Gießen, Obere Naturschutzbehörde, Schanzenfeldstraße 10, 35578 Wetzlar.
Die Karten können zusammen mit dieser Verordnung bei den genannten Behörden während der Dienstzeiten von jeder Person eingesehen werden.
(4) Das Naturschutzgebiet ist an den Außengrenzen durch amtliche Schilder gekennzeichnet.
§ 2 Schutzzweck |
Zweck der Unterschutzstellung ist der Erhalt und die Entwicklung artenreicher Borstgrasrasen, saurer Magerrasen und naturnah entwickelter Schutthalden. Die südexponierten Lehm- und Lösswände als Lebensraum für Tagfalter, das Gewässer als Lebensraum für Amphibien und den Edelkrebs sowie die Orchideenstandorte als ein im Landkreis Marburg-Biedenkopf seltenes Lebensraumgefüge für spezifisch an derartige Lebensbedingungen gebundene Tier- und Pflanzenarten sind hochgradig schützenswert und selten. Pflegemaßnahmen zielen insbesondere auf die Etablierung eines vielgestaltigen Mosaiks an kleinräumigen Strukturelementen, eine Vernetzung unterschiedlicher Biotope sowie die Schaffung von Verbindungskorridoren zu den benachbarten Naturschutzgebieten ab.
§ 3 Verbote |
Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebietes oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können (§ 23 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes), sind verboten:
- bauliche Anlagen im Sinne des § 2 Abs. 1 der Hessischen Bauordnung vom 28. Mai 2018 (GVBl. S. 198), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. November 2022 (GVBl. S. 571), herzustellen, zu erweitern oder zu ändern, auch wenn die Maßnahme keiner Genehmigung nach baurechtlichen Vorschriften bedarf oder wenn eine Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften erteilt wird;
- Bodenschätze oder andere Bodenbestandteile abzubauen oder zu gewinnen, Sprengungen oder Bohrungen vorzunehmen oder sonst die Bodengestalt zu verändern;
- Inschriften, Plakate, Bild- oder Schrifttafeln anzubringen oder aufzustellen;
- Gewässer entgegen dem Schutzzweck zu schaffen, zu verändern oder zu beseitigen, Wasserläufe oder Tümpel einschließlich deren Ufer und Quellbereiche oder den Zu- und Ablauf des Wassers oder den Grundwasserstand zu verändern oder Sümpfe oder sonstige Feuchtgebiete zu entwässern oder Wasser entgegen dem Schutzzweck zu entnehmen, zu angeln und nicht heimische Fisch- und Krebsarten in die Gewässer einzubringen;
- Pflanzen, Flechten oder Pilze, einschließlich ihrer Samen und Früchte sowie Bäume und Sträucher, zu beschädigen oder zu entnehmen;
- wildlebenden Tieren, einschließlich Fischen in Teichen, Bächen oder sonstigen Gewässern nachzustellen, sie mutwillig zu beunruhigen, ihre Laute nachzuahmen, sie an ihren Brut- oder Wohnstätten zu fotografieren, zu filmen oder dort ihre Laute auf Tonträger aufzunehmen, Vorrichtungen zu ihrem Fang anzubringen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Puppen, Larven oder Eier, Nester oder sonstige Brut- oder Wohnstätten fortzunehmen oder zu beschädigen;
- Pflanzen, Flechten oder Pilze einzubringen oder Tiere auszusetzen;
- das Naturschutzgebiet außerhalb der in der Abgrenzungskarte blau und rot markierten Wege zu betreten, dort zu reiten, zu klettern, zu baden, zu lagern, zu zelten, Wohnwagen aufzustellen, zu lärmen, Feuer anzuzünden oder zu unterhalten, Drachen steigen oder Modellflugzeuge aller Art, einschließlich unbemannter Luftfahrzeugsysteme oder Freiballone starten oder landen zu lassen, Wasserfahrzeuge aller Art einschließlich Luftmatratzen oder Modellschiffe einzusetzen oder fahren zu lassen oder Kraftfahrzeuge zu parken, waschen oder pflegen;
- das Naturschutzgebiet mit Kraftfahrzeugen jeglicher Art, Fahrrad, Pedelec, E-Bike oder mit motorgetriebenen Rollstühlen außerhalb der blau und rot markierten Wege zu befahren oder zu parken, waschen oder pflegen;
- Wildfütterungen, Kirrungen, Luderplätze oder Wildäcker anzulegen oder zu unterhalten;
- Hunde unangeleint oder an der mehr als 8 Meter langen Leine laufen zu lassen;
- zu düngen, Pflanzenschutzmittel anzuwenden oder auszubringen;
- Wiesen, Weiden oder Brachflächen umzubrechen oder die Nutzung von Wiesen oder Weiden zu ändern oder die Grasnarbe durch unsachgemäße Weidenutzung zu zerstören;
- Dünger, Silagen oder andere biologische Wirtschaftsgüter oder Abfälle im Gebiet zu lagern;
- Projekte oder Pläne außerhalb des Naturschutzgebietes durchzuführen, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen zu erheblichen Beeinträchtigungen der Schutzgüter in dem Naturschutzgebiet führen können;
- gewerbliche Tätigkeiten auszuüben.
§ 4 Ausnahmeregelungen |
Ausgenommen von den Verboten des § 3 bleiben:
- die extensive Nutzung der Grünlandflächen, jedoch unter den in § 3 Nr. 12 und 13 genannten Einschränkungen;
- der Rückschnitt von Gehölzen zur Offenhaltung des Gebiets außerhalb der Brut- und Setzzeit;
- die Bekämpfung des Signalkrebses im Gewässer insbesondere durch Reusenfang;
- Handlungen der zuständigen Wasserbehörde oder deren Beauftragter im Rahmen der Wasseraufsicht sowie Unterhaltungsarbeiten an Gewässern im Einvernehmen mit der Unteren Naturschutzbehörde;
- die Ausübung der Jagd auf Haarwild, Rabenkrähen, Elstern und Nilgänsen, jedoch unter den in § 3 Nr. 10 aufgeführten Einschränkungen einschließlich des Einsatzes von Jagdhunden, jedoch ohne Jagdhunde auszubilden oder zu prüfen;
- Maßnahmen und Handlungen der Unteren Naturschutzbehörde oder deren Beauftragten zur Erhaltung, Pflege, Entwicklung und Gestaltung des Naturschutzgebiets;
- Maßnahmen zum Zurückdrängen invasiver Arten, jedoch unter den in § 3 Nr. 12 und 13 genannten Einschränkungen;
- die Überwachung von Ver- und Entsorgungsanlagen und deren Betrieb im Rahmen der hierzu bestehenden öffentlich-rechtlichen Erlaubnisse und Genehmigungen sowie Unterhaltungsmaßnahmen im akuten Störfall;
- akute Maßnahmen zur Verkehrssicherung;
- das Betreten des Grundstücks und das Befahren der Wege und des Grundstücks mit Kraftfahrzeugen durch Eigentümer oder Nutzungsberechtigte zur notwendigen Überwachung und Ausübung der nach dieser Verordnung zulässigen Nutzungen, Maßnahmen und Handlungen;
- die Nutzung des Gewässers als Löschwasservorhaltung, sofern es gemäß der §§ 39 und 44 Bundesnaturschutzgesetz zu keiner Verletzung artenschutzrechtlicher Belange kommt.
§ 5 Genehmigungsvorbehalte |
Folgende Maßnahmen und Handlungen sind nur mit Genehmigung der Unteren Naturschutzbehörde zulässig:
- die Neuschaffung oder Veränderung und Unterhaltung von Kleingewässern;
- die Entnahme von Gehölzen zur Offenhaltung der Flächen während der Brut- und Setzzeit;
- präventive Maßnahmen zur Verkehrssicherung, soweit keine akute Gefahrenlage gegeben ist;
- Maßnahmen zur Unterhaltung und Instandsetzung des in der Abgrenzungskarte rot markierten bestehenden Weges mit gebietsheimischem Material einschließlich bestehender Wegeseitengräben;
- das Aufstellen von Ruhebänken;
- Maßnahmen im Rahmen wissenschaftlicher Untersuchungen, wenn die wissenschaftliche Untersuchung der Forschung und Lehre dient und die Maßnahme dem Schutzzweck nicht zuwiderläuft;
- das Aufstellen von Bienenstöcken;
- das Aufstellen von Hinweisschildern, deren inhaltliche Gestaltung sich auf die Themenbereiche Natur, Geschichte, Kultur, Geologie, Geographie sowie Wanderwege beschränkt.
§ 6 Befreiungen |
Von den Verboten des § 3 kann unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes auf Antrag Befreiung gewährt werden. Über den Antrag entscheidet die zuständige Obere Naturschutzbehörde. Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden.
§ 7 Ordnungswidrigkeiten |
(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 28 Abs. 1 Nr. 4a des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine in § 3 Nr. 1 bis Nr. 15 dieser Verordnung verbotene Handlung vornimmt oder den Bestimmungen des § 5 zuwiderhandelt, sofern diese Handlung nicht in § 4 dieser Verordnung oder durch Befreiung gemäß § 6 dieser Verordnung zugelassen wurden.
(2) Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 können nach § 28 Abs. 3 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz mit einer Geldbuße bis zu einhunderttausend Euro geahndet werden.
§ 8 Inkrafttreten |
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Marburg, den 16.08.2023
Der Landrat des Landkreises Marburg-Biedenkopf
gez. Jens Womelsdorf
Landrat