Mit dem neuen Kapitel VI a des Anhang Ill Abschnitt I Verordnung (EG) Nr. 853/2004 (Veröffentlichung im EU-Amtsblatt voraussichtlich im Juli 2021) wird die Schlachtung im Herkunftsbetrieb von Rindern, Schweinen und Pferden unter Nutzung einer mobilen Schlachteinheit europaweit geregelt.
Die Arbeitsgemeinschaft „Fleisch- und Geflügelfleischhygiene und fachspezifische Fragen von Lebensmitteln tierischer Herkunft" (AFFL) hat am 11./12. Mai 2021 dazu Beschlüsse gefasst, zu denen Sie hier Umsetzungshinweise erhalten:
Antragsverfahren
Anträge für die Genehmigung einer Schlachtung im Herkunftsbetrieb — sowohl mittels Bolzenschussbetäubung als auch per Kugelschuss auf der Weide — können bei den zuständigen Veterinärämtern gestellt werden. Dort erhalten sie Antragsformulare. Es können bis zu 3 Rinder oder 3 Pferde/Esel oder 6 Schweine pro Schlachtvorgang in einem Betrieb betäubt, entblutet und dann auf direktem Weg in einen Schlachtbetrieb gefahren werden.
Die Genehmigung der Bolzenschussbetäubung im Herkunftsbetrieb ist nicht von der Haltungsform abhängig, d.h. sie ist auch für Betriebe mit saisonaler Weidehaltung und mit Stallhaltung möglich.
Die Zuständigkeit für die Erteilung der Genehmigung der Schlachtung im jeweiligen Haltungsbetrieb liegt bei der für den Haltungsbetrieb zuständigen Veterinärbehörde. Adressaten der Genehmigung können der Tierhalter (ggf. dessen Beauftragter) oder der Betreiber des beteiligten Schlachthofs (ggf. dessen Beauftragter) sein.
Eine der Voraussetzungen für die Genehmigung ist eine schriftliche Vereinbarung zwischen Tierhalter und Schlachthofbetreiber. In dieser sollten die Verantwortlichkeiten im konkret geplanten Schlachtablauf geklärt und verbindlich festgelegt sein. Antragsteller erhalten bei Ihren Veterinärämtern ein Muster für eine derartige „Nutzungsvereinbarung", das alle erforderlichen Angaben berücksichtigt. Darin legen sie gemeinsam mit dem Schlachthofbetreiber durch Ankreuzen fest, wer z.B. für den Transport des Tieres zum Schlachtbetrieb verantwortlich ist. Sie senden diese Vereinbarung dann zusammen mit dem Antragsformular an ihr zuständiges Veterinäramt.
Es kann erforderlich sein, dass das Veterinäramt des Tierhalters vor einer Genehmigung die Zustimmung der zuständigen Behörde für den beteiligten Schlachthof einholen muss. Dies gilt in den Fällen, in denen geprüft werden muss, ob es bei einer Annahme der Schlachttiere bauliche, technische oder organisatorische Hindernisse im Schlachthof gibt. Diese Abstimmung entfällt, wenn der Schlachtbetrieb im gleichen Landkreis liegt oder der Antragsteller einen eigenen EU-zugelassenen Schlachtbetrieb hat (Direktvermarkter). Die Genehmigung kann für einen bestimmten Zeitraum oder unbefristet erteilt werden.
Mobile Einheit künftig in allen Fällen Pflicht
Die Schlachtung ist gekoppelt an die Verwendung einer sogenannten mobilen Einheit, die nicht mehr Teil eines nach EU-Recht zugelassenen Schlachthofs sein muss, aber bei der eine Eignungsprüfung durch die zuständige Behörde vorgenommen worden sein muss. Die Anträge auf Eignungsprüfung können in Hessen ab sofort zentral bei dem Regierungspräsidium Kassel gestellt werden, dem diese neue Aufgabe übertragen wurde. Die Verwendung derselben mobilen Einheit für eine Schlachtung im Herkunftsbetrieb soll zukünftig mehreren Nutzern wie Landwirten, Metzgern oder Erzeugergemeinschaften auch über Kreisgrenzen hinweg offenstehen.
Je nach Genehmigung und Nutzungskonzept kann eine mobile Einheit für die Betäubung und Entblutung und den anschließenden Transport oder aber im einfachsten Fall nur für den Transport der Schlachtkörper zum Schlachthof eingesetzt werden.
Das Fahrzeug muss folgende Mindestvoraussetzungen erfüllen: leicht zu reinigen und zu desinfizieren, auslaufsicher und beim Transport fest verschließbar. Das Regierungspräsidium Kassel erhält als zentral zuständige Behörde dazu genauere Umsetzungshinweise und Antragsformulare. Es wird die Abnahmekontrollen der bereits in einigen VVeideschlachtbetrieben vorhandenen Transportfahrzeuge durchführen, damit die Schlachtungen auch nach dem Inkrafttreten der Neuregelungen fortgeführt werden können.
Entbluten
Das Entbluten der Schlachttiere darf sowohl nach Bolzenschussbetäubung als auch nach einem Kugelschuss auf der Weide unter folgenden Voraussetzungen auch außerhalb der mobilen Einheit stattfinden: Das Blut ist nicht zum menschlichen Verzehr vorgesehen und weder Betrieb noch Landkreis unterliegen einer tierseuchenrechtlichen Sperre.
Beim Entbluten im Freien muss die mobile Schlachteinheit nicht zwingend über eine Winde oder ein Handwaschbecken verfügen und der Metzger muss darin nicht stehen können, da sie ein reines Transportfahrzeug ist.
Das Blut muss sowohl im Freien als auch in der mobilen Schlachteinheit sicher aufgefangen werden können und dann bei der Ankunft im Schlachtbetrieb ordnungsgemäß entsorgt werden.
Amtlicher Tierarzt muss anwesend sein
Der amtliche Tierarzt, der auch die Schlachttieruntersuchung durchführt, wird mindestens drei Tage im Voraus durch den Schlachthof oder den Tierbesitzer über den genauen Zeitpunkt der Schlachtung informiert. Mit dieser Regelung soll auch klargestellt werden, dass es sich hier nicht um eine Regelung für Notschlachtungen handelt. Der amtliche Tierarzt muss während der gesamten Schlachtung im Herkunftsbetrieb anwesend sein. Bei der •Gebührenberechnung können dem Kostenpflichtigen der zusätzliche Zeitaufwand des amtlichen Tierarztes in Rechnung gestellt werden, falls dieser über den normalen Zeitaufwand für die amtliche Schlachttieruntersuchung hinausgeht.
Transportdauer maximal 2 Stunden
Die geschlachteten und entbluteten Tiere sind unverzüglich auf direktem Weg zum Schlachthof zu befördern. Am Schlachthof findet dann die Fleischuntersuchung und weitere Verarbeitung der Schlachtkörper statt.
Die Transportdauer vom Zeitpunkt der Schlachtung des ersten Tieres bis zur Ankunft im Schlachthof ist ohne Kühlung auf zwei Stunden begrenzt. Es sind ausschließlich direkte Transporte zulässig, d.h. ein Aufladen weiterer Tiere an Zwischenstationen ist nicht erlaubt.
Für kühlpflichtige Transporte zum Schlachthof von mehr als 2 Stunden ist ein Ausnehmen der Schlachttiere vor dem Transport zwingend geboten, da auch bei Kühlung nur ausgenommene Tiere eine hygienisch einwandfreie Beschaffenheit des Fleisches gewährleisten können. Es wird empfohlen, Nutzungsvereinbarungen mit möglichst nahe gelegenen Schlachtbetrieben abzuschließen, bei denen die reine Fahrtstrecke möglichst nur 1 Stunde beträgt, da auch für das Be- und Entladen noch Zeit eingeplant werden muss.
In den Sommermonaten sollten mobile Schlachtungen möglichst nur in kühlen Morgen- oder Abendstunden geplant werden.
Fleischuntersuchung
Die Fleischuntersuchung bedarf keiner gesonderten Anmeldung, sie erfolgt nach dem im Schlachthof üblichen Verfahren. Die Informationspflicht des Tierhalters gegenüber dem
Schlachthof über die zu erwartende Ankunftszeit setzt den Schlachthofbetreiber in die Lage, ggf. rechtzeitig den amtlichen Tierarzt über eine zusätzlich zum üblichen Schlachtaufkommen erforderliche Fleischuntersuchung zu informieren. Es handelt sich hier um eine Regelschlachtung, die nicht die Anwesenheit des Amtstierarztes, sondern nur die des amtlichen Tierarztes erfordert.
Der Schlachthofbetreiber sollte die Ankunftszeit in seinem Betrieb dokumentieren. Die Veterinärbehörde wird die Zeiten für den Transport stichprobenhaft amtlich prüfen.
Das mobil geschlachtete Tier muss von folgenden Papieren begleitet sein:
- Wie üblich: Lebensmittelketteninformation (Standarderklärung) und Rinderpass
- Neu: Begleitpapier zur Schlachttieruntersuchung und zum Entblutezeitpunkt (die Formulare erhalten Antragsteller bzw. ihr amtlicher Tierarzt beim Veterinäramt)
Hinweise zu tierschutzrechtlichen Anforderungen
Personen, welche anlässlich der Schlachtung tätig werden sollen (Ruhigstellung, Fixieren, Betäuben, Entbluten, Kontrolle der Betäubungseffektivität), müssen über einen
Sachkundenachweis verfügen. Dabei entfällt für Tierhalter die Notwendigkeit für den Sachkundenachweis für Handhabung und Pflege von Tieren vor der Ruhigstellung, da im
landwirtschaftlichen Betrieb keine von der üblichen Haltung getrennte Unterbringung der Tiere erfolgt.
Der Schlachthofbetreiber muss über Standardarbeitsanweisungen verfügen, die dieses Schlachtverfahren berücksichtigen. Dazu werden von den Verbänden noch Muster erarbeitet werden, die die Betriebe für sich anpassen können.
Außerdem müssen Angaben zu den vorgesehenen Ruhigstellungs- und Betäubungsverfahren sowie den eingesetzten Geräten (ggf. Gebrauchsanweisungen der Hersteller) gemacht werden.
Angaben zu Tierart, Gewichtsklasse, Rasse und Haltungsform der zu schlachtenden Tiere sind erforderlich, um die Plausibilität der Angaben zu den Verfahren und Geräten zu prüfen. Ergibt sich z. B. aus den zur Verfügung stehenden Geräten zur Ruhigstellung und Betäubung eine Einschränkung, welche Tierkategorien geschlachtet werden können, wäre dies in der Genehmigung mit zu berücksichtigen (z.B. die Bolzenlänge für schweren Bullen über 650 kg).
Links und Downloads
Formulare
- Antrag auf Genehmigung von Schlachtungen im HerkunftsbetriebPDF-Datei125,41 kB
- Vereinbarung über die Durchführung von Schlachtungen im HerkunftsbetriebPDF-Datei111,16 kB
- Antrag zur Eignungsprüfung einer Mobilen Schlachteinheit (ME)PDF-Datei76,71 kB
- Schlachtung: Amtliche Bescheinigung des TierarztsPDF-Datei49,55 kB