Milchvieh- und Schweinehaltung sind wichtige Produktionszweige für unsere landwirtschaftlichen Betriebe. Besonders im Kreis Marburg haben wir viel Grünland und im Verhältnis zu anderen Kreisen weniger, stark parzelliertes Ackerland, so dass viehlose Vollerwerbsbetriebe kaum vorhanden sind. Tierhaltung gehört bei uns zur Landwirtschaft und auch zu unserer Region.
Durch die Tiere entsteht, natürlich, für die einen ein wertvoller organischer Dünger mit hohen Gehalten an wichtigen Nährstoffen für die Pflanzenernährung, für die anderen allerdings stinkende Gülle, die Spazierengehen, Grillen und Lüften besonders an warmen Tagen sehr unangenehm machen kann.
Stallmist und Gülle enthält neben Phosphat und Kalium größerer Mengen Stickstoff als Ammonium, Nitrat oder in organisch gebundener Form. Die Nährstoffe werden über das Futter für die Tiere der Fläche entnommen und der Kreislauf schließt sich, wenn sie als Dünger wieder zurück auf der Fläche ausgebracht werden. Der Stickstoff kann und soll von den Kulturpflanzen über die Wurzeln aufgenommen werden und diese ernähren.
Auf der anderen Seite besteht aber die Gefahr, dass bei der Ausbringung und kurz danach der Ammoniumstickstoff als stinkendes Ammoniak in die Luft entweicht oder der Nitratstickstoff in unser Grundwasser gelangt, wenn zu viel zum falschen Zeitpunkt gedüngt wird.
Das Ziel ist also für Landwirte und „Landbewohner“ das Gleiche: Der im Wirtschaftsdünger enthaltene Stickstoff muss von den Pflanzen genutzt werden und darf möglichst wenig in das Grundwasser oder in die Luft gelangen.
Wirtschaftsdünger, besonders Gülle, muss zeitlich gezielt in nicht zu großen Mengen in das Wachstum und damit den Bedarf der Pflanzen gedüngt werden. Das bedeutet, dass die Gülle im Spätherbst und Winter im Lager verbleibt und im Frühjahr und Sommer ausgebracht wird.
Wie kann dieses Ziel erreicht werden?
Wirtschaftsdünger muss möglichst auf alle Flächen verteilt werden, um Überschüsse auf Einzelflächen zu vermeiden. Bei unserer dichten Bebauung bedeutet das allerdings, dass auch ortsnah gedüngt werden muss.
Je heißer der Tag und je höher die Flugbahn des flüssigen Düngers durch die Luft, desto mehr Ammoniak verteilt sich über das Land. Gülle muss bodennah ausgebracht werden. Moderne Fässer bringen über Schleppschlauch aus, oder der Dünger wird zum Boden hin abgestrahlt.
Je schneller der Dünger mit dem Boden vermischt wird, desto weniger kann der Sauerstoff der Luft mit dem Ammonium zu Ammoniak reagieren. Wird flüssiger Wirtschaftsdünger nicht als „Kopfdüngung“ in einen stehenden Pflanzenbestand, sondern auf den blanken Acker ausgebracht, muss er binnen vier Stunden eingearbeitet werden.
Fazit:
Auch die Landwirte sind darum bemüht, dass es weniger stinkt. Gänzlich vermeiden lässt sich das Problem aber trotz optimierter Technik nicht. Stoßzeiten der Gülledüngung sind im Frühjahr vor der Aussaat sowie im Sommer nach der Getreideernte. Bodenzustand und Wetter bestimmen den Zeitpunkt der Ausbringung mehr als das nahende Wochenende. Trotzdem sollte es möglich sein, sensible Flächen nur einmal im Jahr oder gar nicht mit flüssigem Wirtschaftsdünger zu düngen. Auch trägt es sehr zur Entspannung bei, vor der Düngung „Anlieger“ über die bevorstehende Situation zu informieren und um Verständnis zu werben.