Zur Gewährleistung des Kindeswohls in Tageseinrichtungen für Kinder hat der Träger einer Tageseinrichtung nach § 47 SGB VIII I.V.m. § 15 Abs. 3 und 4, § 18 HKJGB Meldepflichten.
Der Gesetzgeber möchte damit sicherstellen, dass möglichst frühzeitig Gefährdungssituationen oder negativen Entwicklungen entgegengewirkt werden kann. Dieses Merkblatt soll die Träger über ihre Meldepflichten informieren.
Von wem ist zu melden?
Die Meldepflicht trifft den Träger der Tageseinrichtung für Kinder. Intern ist festzulegen, wie die Informationskette zwischen den Fachkräften in der Tageseinrichtung, der Einrichtungsleitung und dem Träger erfolgt.
An wen ist zu melden?
Die Meldung erfolgt gegenüber dem örtlich zuständigen Jugendamt.
Was ist wann zu melden?
§ 47 SGB VIII unterscheidet zwischen jährlichen und unverzüglichen Meldungen.
1. Jährliche Meldung
- die Zahl der belegten Plätze,
- ergänzend das Alter und die vertraglich oder satzungsgemäß vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit der auf diesen Plätzen aufgenommenen Kinder. (1)
(1) Siehe auch Hinweis in Rahmenbetriebserlaubnis. Dieses Erfordernis ergibt sich nicht aus § 47 SGB VIII, sondern aus § 15 Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 HKJGB. Damit das Jugendamt die Einhaltung der Mindeststandards zur Gewährleistung des Kindeswohls in Tageseirichtungen auch im laufenden Betrieb überprüfen kann, muss es jährlich die hierfür erforderlichen Informationen erhalten.
2. Unverzügliche Meldung
Unverzüglich heißt „ohne schuldhaftes Zögern“: „innerhalb einer nach den Umständen des Einzelfalls zu bemessenden Prüfungs- und Überlegungsfrist“ (Legaldefinition in § 121 BGB). Unverzüglich zu melden sind:
- die Betriebsaufnahme unter Angabe von Name und Anschrift des Trägers, Art und Standort der Tageseinrichtung, der Zahl der verfügbaren Plätze sowie der Namen und der beruflichen Ausbildung der Leitung und der Fachkräfte,
- Änderungen der bei Betriebsaufnahme anzugebenden Umstände (d.h. Änderungen Name und Anschrift des Trägers, Art und Standort der Einrichtung, der Zahl der verfügbaren Plätze sowie der Namen und der beruflichen Ausbildung der Leitung und der Fachkräfte),
- Änderungen der Konzeption (welche das Leistungsbild der Tageseinrichtung gravierend verändern; nicht jedoch immer wieder notwendige interne Organisationsentwicklung)
- die bevorstehende Schließung der Tageseinrichtung,
- Ereignisse oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder zu beeinträchtigen. Die nachfolgende Aufzählung von Ereignissen und/oder Entwicklungen ist nicht abschließend, sondern dient der Orientierung:
- Ereignisse, die das Wohl der Kinder beeinträchtigen können:
- Fehlverhalten von Mitarbeiter/-innen und durch Mitarbeiter/-innen verursachte Gefährdungen der zu betreuenden Kinder, z.B.:
- Aufsichtspflichtverletzungen
- schwere Unfälle mit Personenschäden oder Todesfolge (u.a. auch Vergiftungen, Verbrennungen)
- Verursachte oder begünstigte Übergriffe/Gewalttätigkeiten
- Sexuelle Gewalt und entwürdigende Handlungen
- Suchtprobleme von Mitarbeiter/innen
- Gefährdungen und Schädigungen unter zu betreuenden Kindern, z.B.:
- Gravierende selbstgefährdende Handlungen
- Sexuelle Gewalt
- Körperverletzungen
- Katastrophenähnliche Ereignisse
Das sind alle über Schadensfälle des täglichen Lebens hinausgehenden Ereignisse, die in einem ungewöhnlichen Ausmaß Schäden an Leben oder an der Gesundheit von Menschen oder an Sachwerten verursachen oder zur Folge haben, z.B.:
- Feuer
- Explosionen
- Erhebliche Sturmschäden mit massiver Beeinträchtigung des Gebäudes
- Hochwasser
- Weitere Ereignisse können sein
- Krankheiten mit hohem Infektionsrisiko (diese sind zudem unverzüglich dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt zu melden)
- Mängelfeststellung und/oder Auflagen anderer Aufsichtsbehörden (z.B. durch Baurechtsamt, Gesundheitsamt)
- Straftaten bzw. Strafverfolgung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
- Meldepflichtig sind Straftaten und der Verdacht auf Straftaten von in der Tageseinrichtung beschäftigten und tätigen Personen sowie bekannt gewordene
Ermittlungsverfahren. - Eintragungen in Führungszeugnisse über Straftaten nach § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII
- Meldepflichtig sind Straftaten und der Verdacht auf Straftaten von in der Tageseinrichtung beschäftigten und tätigen Personen sowie bekannt gewordene
- Fehlverhalten von Mitarbeiter/-innen und durch Mitarbeiter/-innen verursachte Gefährdungen der zu betreuenden Kinder, z.B.:
- Ereignisse, die das Wohl der Kinder beeinträchtigen können:
- Entwicklungen, die das Wohl der Kinder beeinträchtigen können und im Zusammenhang mit strukturellen und personellen Rahmenbedingungen in der Einrichtung stehen, z.B.:
- wiederholte und/oder anhaltende Unterschreitung der Mindeststandards nach §§ 25a – 25d HKJGB
- erhebliche personelle Ausfälle im Betreuungsdienst (z.B. aufgrund Kündigung mehrerer Mitarbeiter/-innen in einer Tageseinrichtung)
- wenn absehbar ist, dass die wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Betrieb der Einrichtung nicht mehr erfüllt werden (z.B. durch anhaltende „Unterbelegung“)
- wiederholte Mobbingvorfälle
- gravierende oder sich wiederholende Beschwerden über die Tageseinrichtung
In dieser Situation bedarf es der gemeinsamen Reflexion von Einrichtungsträger und Jugendamt der bestehenden konzeptionellen, strukturellen, wirtschaftlichen und/oder
räumlichen Rahmenbedingungen.
Wie ist zu melden?
Die Meldung sollte folgende Punkte beinhalten:
- Darstellung des Ereignisses
- Art, Ort, Zeitpunkt und beteiligte Personen
- Name des Kindes, Geburtsdatum
- Namen weiterer Beteiligter
- Angaben zur Tageseinrichtung, in der das Kind gefördert wird
- Tageseinrichtung, Gruppenart
- Angaben zum Betreuungsdienst: Name, Qualifikation und Umfang des Einsatzes der Mitarbeiter/-innen
- Angaben über erfolgte, eingeleitete und/oder vorgesehene Maßnahmen
- Angaben darüber, ob eine Information an Personensorgeberechtigte erfolgte
- Angaben über andere, mit der Bearbeitung befasste Behörden
- Angaben zu weiteren relevanten Informationen, z.B. Öffentlichkeitswirksamkeit
- Angaben zu Bewertung des Ereignisses und Konsequenzen, die aus dem Vorkommnis gezogen werden
Wenn nicht gemeldet wird!
Der besonderen Bedeutung der Regelung entsprechend sind Verstöße gegen die Meldepflicht des Trägers ordnungswidrig und nach § 104 Abs. 1 Nr. 3 SGB VIII bußgeldbewehrt. Ordnungswidrig handelt, wer eine Anzeige bzw. Meldung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht.
Hessisches Sozialministerium
Landesjugendamt
HSM, Ref. II 1 – Stand Oktober 2013