Marburg-Biedenkopf – Verlassene Stollen und abgelegene Höhlen faszinieren viele Menschen. Ihr Betreten birgt jedoch Gefahren – sowohl für Menschen als auch für geschützte Tierarten. Die Naturschutzbehörde des Landkreises Marburg-Biedenkopf informiert darüber, warum diese sensiblen Lebensräume besonders geschützt werden müssen und warum sie ungestört bleiben sollten. Verstöße können zudem zu empfindlichen Strafen führen.
„Online-Aktivitäten von ,Hobby-Höhlenforschern‘ bewerben in Wanderportalen das Aufsuchen der Höhlen. Da hieraus durch die Störung der Winterruhe oder die Übertragung von Krankheiten artenschutzrechtliche Konflikte entstehen, möchten wir Naturbegeisterte entsprechend sensibilisieren“, erläutert Katharina Franziska Hof von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises.
„Während Höhlen durch erdgeschichtliche Prozesse entstanden sind, wurden Stollen vom Menschen angelegt. Etwa für den Bergbau, als Schutzräume im Krieg oder als Lagerstätten wie Eiskeller. Heute sind sie wertvolle Rückzugsorte für viele geschützte Tierarten“, weiß Katharina Hof. So fänden Feuersalamander und einige Schmetterlingsarten in den feuchten Höhlen sichere Verstecke und Überwinterungsplätze. „Besonders auch für Fledermäuse sind diese Hohlräume überlebenswichtig, denn einige unserer 25 heimischen Fledermausarten sind auf diese Überwinterungsorte angewiesen“, erklärt die Naturschutz-Expertin.
Im Landkreis Marburg-Biedenkopf sind derzeit etwa 90 Winterquartiere bekannt, die von Fledermäusen genutzt werden, dazu zählen auch Höhlen und Stollen. Da natürliche Lebensräume immer stärker vom Menschen beansprucht werden, sind diese unberührten Orte oft die letzten Rückzugsräume für empfindliche Arten.
„Werden die Höhlen von Menschen betreten, kann dies für die Tiere schwerwiegende Folgen haben. Besonders während der Wintermonate ist jede Störung problematisch: Fledermäuse befinden sich dann in ihrer Winterruhe und magern ab. Die mit maximal 40 Gramm ohnehin recht leichten Säugetiere gewinnen im Vorfeld der Winterruhe nur wenig an Gewicht, um zwar einerseits den Winterschlaf zu überleben, andererseits aber nach dem schnellen Aufwachen direkt flugfähig sein zu können – und das würde nicht mit einem zu hohen Gewicht funktionieren. Ein Aufwachen während der Ruhephase durch Lärm oder Licht kann somit lebensbedrohlich für die Tiere sein“, warnt Katharina Hof.
Neben der Störung der Winterruhe sei auch die Übertragung von Pilzsporen ein Grund, warum Höhlen gemieden werden sollten. Für Feuersalamander sowie für Kamm- und Bergmolche stelle die auch „Salamanderfresser“ genannte Pilzerkrankung „Bsal“ eine große Bedrohung dar. Da der Pilz die Haut der Amphibien befällt und hier schwerwiegende Schäden hinterlässt, bedeute ein Befall letztendlich deren Tod, macht die Fachfrau die möglichen Folgen deutlich.
Wer Fledermäuse, Feuersalamander und andere Höhlenbewohner schützen will, sollte somit auf das Betreten dieser Orte verzichten. Doch auch ohne den direkten Zugang zu Höhlen bietet die Natur im Landkreis Marburg-Biedenkopf viele Höhepunkte: Offizielle Wanderwege führen durch abwechslungsreiche Landschaften und ermöglichen spannende Entdeckungstouren – ganz ohne Störung der Tierwelt.
„Das Betreten von Höhlen und Stollen ist nicht nur schädlich für die Natur, es kann auch teuer werden: Naturnahe Höhlen und Stollen sind gesetzlich geschützte Lebensräume. Nach dem Bundesnaturschutzgesetz ist es verboten, diese Lebensräume zu zerstören oder erheblich zu beeinträchtigen. Vom 1. Oktober bis zum 31. März ist es zudem streng untersagt, Winterquartiere von Fledermäusen zu betreten. Für Verstöße können Bußgelder von bis zu 50.000 Euro verhängt werden. Wenn Tiere oder Pflanzen einer streng geschützten Art gestört werden, zu denen auch alle heimischen Fledermausarten gehören, können die Handlungen dann strafrechtlich verfolgt und mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren geahndet werden“, unterstreicht Katharina Hof.
Weitere Informationen unter www.marburg-biedenkopf.de mit den Begriffen „Artenschutz“ oder „Wandern“ über die Suchfunktion sowie unter dem Direktlink https://www.marburg-biedenkopf.de/umwelt_und_laendlicher_raum/naturschutz-und-wasserschutz/artenschutz_73984.php.