Marburg-Biedenkopf – Amphibienarten wie Frösche, Kröten und Molche sind für das Gleichgewicht der Natur unverzichtbar. Eine dieser Arten ist die Geburtshelferkröte, sie gilt in Hessen und Marburg-Biedenkopf mittlerweile als stark gefährdet. Um dem entgegenzuwirken und die Geburtshelferkröte zu stärken, hat die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises neue Lebensräume für die Tiere geschaffen.
Von den rund 20 in Deutschland heimischen Amphibienarten kommen 13 Arten in Marburg-Biedenkopf vor, darunter eben auch die Geburtshelferkröte. Eine Besonderheit sind ihre glockenhellen Rufe und die Brutpflege, die sie betreibt: Das Männchen übernimmt bei der Paarung an Land die Eischnüre vom Weibchen, wickelt sie um seine Hinterbeine und trägt sie mit sich herum. Sobald die Larven schlupfreif sind, sucht das Männchen ein geeignetes Laichgewässer auf und bleibt solange im Wasser, bis alle Larven geschlüpft sind. Die Geburtshelferkröte lebt sowohl im Wasser als auch an Land.
„Die Geburtshelferkröte stellt eigentlich keine großen Ansprüche an ihre Lebensräume. Sie besiedelt gerne kleine, nicht intensiv genutzte Steinbrüche und Tongruben und deren Gewässer. Als Landlebensraum nutzt sie sonnige, wenig bewachsene Steilhänge, Erdlöcher und Gesteinshaufen als Versteck. Auch in ehemaligen Fischteichanlagen und Waldteichen kann sie vorkommen“, erläutert Gabriele Spill-Ebert vom Fachdienst Naturschutz des Landkreises.
Neue Tümpel, neue Lebensstätten
Da ein erheblicher Anteil der in Hessen vorkommenden Geburtshelferkröten in Marburg-Biedenkopf leben, habe dieser auch eine besondere Verantwortung, um sie zu schützen, betont Spill-Ebert.
Vor diesem Hintergrund hat der Fachdienst Naturschutz zwischen Steffenberg-Steinperf und Bad Endbach-Bottenhorn im Bereich der Perf zwei landkreiseigene Tümpel von Schlamm und Rohrkolben befreien lassen. Auf den angrenzenden Wiesenflächen wurden im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde zudem neue Amphibientümpel angelegt, in denen die Kröten ebenfalls leben können. Auch auf einem Privatgrundstück konnten zwei weitere Tümpel neu entstehen. Direkt angrenzend an die Gewässer wurden Gesteinshaufen angelegt, dort können sich die Tiere an Land aufhalten und, wenn nötig, verstecken.
„Mit diesen Schritten wollen wir die Bestände der Amphibien im Landkreis stabilisieren und dafür sorgen, dass sich weitere Amphibien in den bereits bestehenden Lebensräumen und Vorkommen ansiedeln können“, erklärt Spill-Ebert. „Wir wissen, dass in den benachbarten Naturschutzgebieten ‚Dimberg und Steinperf’ sowie ‚Steinbruch Kohlenacker’ stabile Populationen der Geburtshelferkröte existieren und erhoffen uns, dass die Tiere sich in den neu angelegten Tümpeln ausbreiten.“
Bereits in den vergangenen Jahren hat der Fachdienst Naturschutz zahlreiche Tümpel neu anlegen lassen. Bestehende Gewässer, welche durch die Ablagerung von Schlamm und den Bewuchs mit Pflanzen als Lebensstätten ungeeignet geworden sind, wurden als Lebensräume wiederhergestellt. „Damit trägt der Landkreis im Rahmen der Hessischen Biodiversitätsstrategie zum Erhalt der Artenvielfalt bei“, sagt Spill-Ebert.
Landschaftliche Veränderungen und Hautkrankheiten beeinträchtigen Amphibien
Eine Herausforderung für die Kröte und generell Amphibien bestehe auch darin, dass Lebensräume beeinträchtig werden und im schlimmsten Fall sogar verloren gehen können. Beispielsweise wenn in Steinbrüchen, in denen die Tiere häufig anzutreffen sind, immer intensiver Rohstoffe abgebaut werden. Ein zunehmender Bewuchs durch Bäume und Sträucher an den Steilhängen und Geröllhalden in stillgelegten Steinbrüchen trägt ebenfalls dazu bei, dass Lebensräume an Land verloren gehen können. Durch die Verfüllung der Steinbruchseen kann es außerdem zum Verlust von Laichgewässern kommen. Diese Entwicklung stimme aus naturschutzfachlicher Sicht leider mit dem gesamthessischen Trend überein, so Spill-Ebert.
Werden Fische und/oder nicht heimische Krebsarten in die Gewässer eingesetzt, könne das die Bestände zusätzlich reduzieren. Doch auch hier werde der Landkreis aktiv, erklärt Spill-Ebert: Das durch den Landkreis beauftragte regelmäßige Abfischen des Amerikanischen Signalkrebses, eine invasive Art, im Steinbruch Kohlenacker habe dort zu einer deutlichen Erhöhung des Bestandes der Geburtshelferkröte geführt: 2014 wurde dort lediglich ein Individuum nachgewiesen, 2023 bereits 21.
Weil durch die genannten Herausforderungen die Entfernung zwischen den einzelnen Amphibien-Beständen insgesamt aber weiter zunähme, werde ein Austausch zwischen den Beständen durch wandernde Tiere immer schwieriger. Für den Erhalt der Art und die Fortpflanzung sei dieser Austausch jedoch wichtig. Hinzu kämen die negativen Auswirkungen des Klimawandels sowie ein Hautpilz, der häufig zum Tod befallener Amphibien führe.
„Der Rückgang der Bestände betrifft nicht nur die seltenen, sondern auch die weitverbreiteten und häufigen Arten wie beispielsweise den Grasfrosch“, erläutert die Naturschützerin. Alldem wolle der Kreis mit der Schaffung neuer Lebensräume entgegenwirken.
Weitere Informationen online
Interessierte können über die Homepage des Landkreises unter www.marburg-biedenkopf.de und den Suchbegriff „Amphibienbroschüre“ vertiefende Informationen über die Lebensweise, die aktuelle Verbreitung sowie konkrete Tipps für die Beobachtung der verschiedenen Arten finden. Die Amphibienbroschüre lässt sich auch über folgenden Direktlink aufrufen: www.marburg-biedenkopf.de/naturschutz/Amphibienbroschuere-web_end.pdf.