Marburg-Biedenkopf – Das Exponat des Monats Oktober des Hinterlandmuseums im kreiseigenen Schloss Biedenkopf ist ein Häubchen der Marburger evangelischen Tracht. Dieser als Stülpchen bezeichnete Kopfschmuck ist in der Regel reich bestickt, mit Perlen verziert und im unteren Bereich mit einem Satinband eingefasst. Zu sehen ist das Exponat zu den Öffnungszeiten des Museums, dienstags bis sonntags und feiertags jeweils von 10 bis 18 Uhr.
Die Satinbandeinfassung ist bei der erwachsenen Trägerin in der Regel schwarz, bei Kindern und unverheirateten jungen Mädchen ist die Einfassung auch rot oder grün. Als unerlässlicher Bestandteil der Tracht besteht das Stülpchen aus einem mittleren, nahezu langrechteckigen Stoffstück und zwei rautenförmigen Seitenteilen, die fest miteinander vernäht und durch Pappe verstärkt sind. Diese typische Form der Kopfbedeckung verdeckt den „Schnatz“, der aus den zwei auf der Kopfmitte geflochtenen und aufgedrehten Haarzöpfen der Trägerin besteht. Zu beiden Seiten der Kopfbedeckung befanden sich im Allgemeinen breite, schwarze Seidenbänder, die im unteren Bereich oft durch Häkelspitze verziert und gelegentlich mit kleinen Perlenstickereien besetzt waren. Bei dem Exponat hat sich das Band leider nicht erhalten.
Auffallend an diesem Stülpchen ist zunächst der Farbkontrast zwischen der hellen Stickerei und dem unteren Satinabschluss. Kunstvoll wurde das Häubchen dicht mit Perlen, Pailletten und Garn bestickt, die ein spiegelsymmetrisches Muster ergeben. Zu erkennen sind gold- und silberfarbene Perlen sowie silber- aber auch türkisfarbene Pailletten. Dazwischen finden sich stilisierte Blumenmuster aus silbrigem und goldfarbenem Garn.
Die Besonderheit dieses Exponats: Erst bei genauem Hinschauen ist innerhalb des reichen Musters das gestickte Monogramm „MS“ zu entdecken. Das Stülpchen gehörte nämlich Margarete Eckhardt, geborene Scheld, aus Gladenbach. Ihre Enkelin Ruth Bönigk hat den Kopfschmuck dem Hinterlandmuseum gestiftet. Eine Kennzeichnung mit den Anfangsbuchstaben von Vor- und Nachnamen der Besitzerin ist bei Stülpchen eher selten zu finden. In diesem Fall belegt das Monogramm zudem, dass das Häubchen für die noch unverheiratete Trägerin geschaffen wurde.
In den 1920er Jahren, in der Zeit als dieses Stülpchen getragen wurde, hatte sich die Marburger evangelische Tracht bereits über ihr ursprüngliches Gebiet hinaus verbreitet und so auch im Gladenbacher Raum vielfach die zuvor übliche dunklere und schwerere Tracht des Amtes Blankenstein abgelöst.
Der Eintritt für das Hinterlandmuseum kostet für Erwachsene 2,50 Euro, für Kinder bis 14 Jahre 1,30 Euro. Mehr Infos zum Museum sind unter www.marburg-biedenkopf.de/hinterlandmuseum verfügbar.