Marburg-Biedenkopf – Nicht nur ein wichtiger Beitrag für den Obstanbau, sondern auch für die Artenvielfalt: 200 Obstbäume hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf Ende November im Rahmen des „Kelterwiesen-Projektes“ an zehn teilnehmende Betriebe und Privatpersonen zur Pflanzung verteilt.
Seit 2020 wurden damit im Rahmen des Projektes insgesamt rund 2.000 Bäume im Landkreis gepflanzt und circa 30 Hektar Streuobstwiesen, also die Größe von etwa 42 Fußballfeldern, neu angelegt. Mitgemacht haben bislang über 60 landwirtschaftliche Betriebe und Privatpersonen.
Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten Lebensräumen. Hier finden also viele seltene Tiere und Pflanzen ein Zuhause: Bis zu 60 verschiedene Brutvogelarten wurden auf einer der großen Streuobstwiesen im Landkreis nachgewiesen. Auch seltene Arten wie der Gartenrotschwanz, Wendehals oder Steinkauz kommen im Landkreis vor und profitieren von den Streuobstwiesen, beispielsweise als Brutstätte. Tiere wie Rinder und Schafe beweiden zudem häufig das Grünland unter den Bäumen und leisten so einen wichtigen Beitrag dafür, dass sich vielfältige Pflanzen- und Insektenarten an Streuobstwiesen ansiedeln. Alternativ findet auch oft eine Heuwiesenmahd statt, die sich ebenfalls positiv auf die Artenvielfalt auswirkt.
Die größte Streuobstwiese für 2024 hat diesen Herbst ein Antragsteller in Niederwetter, ein Stadtteil von Wetter, angelegt. Die Jugendfeuerwehr Niederwetter und die Dorfinitiative unterstützten dabei tatkräftig. Bei der Auswahl der Apfel- und Birnbäume wurde Wert auf alte regionale Sorten gelegt. Auch Landrat Jens Womelsdorf war vor Ort, um sich ein Bild von der Pflanzaktion zu machen: „Hier zeigt sich auch die hohe Motivation, einen Zukunftsbeitrag für die Artenvielfalt zu leisten. Generationenübergreifendes Handeln und die Erzeugung von gesundem, schmackhaftem Obst und Saft bedeuten auch eine nachhaltige Wertschöpfung, die bei allen Beteiligten spürbar ist“, stellte der Landrat fest.
Streuobstwiesen sind zudem aus kultureller Perspektive wichtig, auch um regionale Obstsorten zu erhalten. „Die hessischen Keltereien verzeichnen in den vergangenen Jahren einen stetigen Rückgang von Kelterobst und greifen deshalb immer öfter auf Importe zurück. Meist wird das Obst aber privat, durch örtliche Vereine oder in den regionalen kleinen Keltereien verarbeitet. Gerade in den Dörfern des Landkreises gibt es erfreulicherweise noch viele lokale Initiativen und Keltermöglichkeiten“, erklärt Michael Zerbe vom Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz des Landkreises.
In diesem Fachbereich ist das „Kelterwiesen-Projekt“, in dessen Rahmen die Pflanzaktionen stattfinden, organisatorisch angesiedelt. Es ist Teil der Förderangebote des Landkreises, um Streuobstwiesen zu erhalten, zu pflegen und neu anzulegen. Schwerpunkt des „Kelterwiesen-Projektes“ sind großflächige Pflanzungen, die in die landwirtschaftliche Bewirtschaftung der Flächen integriert werden. Neben Kelterobst können auch Tafelobst oder andere Obstsorten angepflanzt werden.
Der Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz (LRV) koordiniert das Projekt, übernimmt die Abwicklung und steht beratend zur Seite. Ein bis zweimal im Jahr organisieren Mitarbeitende eine Sammelbestellung und bieten ein Pflanzworkshop an. „Wichtig ist auch die Zusammenarbeit mit den Obst- und Gartenbauvereinen und die Vermittlung von Fortbildungsangeboten für die Teilnehmenden“, sagt Zerbe.
Jeder Baum wird vom Regierungspräsidium Gießen mit 50 Euro aus Mitteln der Hessischen Biodiversitätsstrategie bezuschusst. Außerdem kann in den folgenden Jahren ein Zuschuss aus dem Hessischen Programm für Agrarumwelt- und Landschaftspflegemaßnahmen (HALM) für die Pflege und Unterhaltung der Streuobstwiesen beantragt werden.
Weitere Informationen zum Projekt beantwortet der Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz telefonisch unter 06421 405-6214 oder per E-Mail an ZerbeMmarburg-biedenkopfde.