Marburg-Biedenkopf – Frauen mit und ohne Migrationsgeschichte treffen sich regelmäßig mit Frauen, die neu in den Landkreis Marburg-Biedenkopf gekommen sind und tauschen sich in Tandems aus. Das ist das Konzept hinter dem Tandemprojekt „Connect – gemeinsam Frauen stärken“ des Landkreises. Das Ziel: Sich gegenseitig unterstützen und Wissen austauschen. Der Kreis zieht nach rund drei Jahren Projektlaufzeit ein positives Fazit und sucht regelmäßig neue Teilnehmerinnen.
Das Projekt setzt sich aus drei Bestandteilen zusammen. Erstens: Regelmäßige Treffen im Tandem, welche die Frauen selber bestimmen. Zweitens: Gruppentreffen einmal im Monat mit der gesamten Frauengruppe, die als festes Programm vor dem Beginn der Runde schon festgelegt werden. Und drittens: Zusätzliche Termine für alle „Alumni“, also Frauen, die das Tandem bereits abgeschlossen haben. Diese zusätzlichen Termine werden im Laufe der Runde je nach Bedarf der Teilnehmenden vereinbart. Die Dauer des Tandems beträgt sechs Monate, anschließend haben die Frauen die Gelegenheit, eine weitere Tandempartnerin für sechs Monate in einer neuen Runde zu bekommen. Jede Frau kann insgesamt zwei Runden im Projekt bleiben.
Inzwischen läuft bereits die vierte Runde des Projektes, die im Mai 2023 begonnen hat. Mit der ersten Runde startete der Kreis im Dezember 2020. Es engagieren sich durchschnittlich jeweils 30 Frauen in einer Runde, mehr sollen es für ein enges Gruppengefühl und eine hochwertige Begleitung durch den Kreis möglichst nicht sein. Die Frauen kommen beispielsweise aus Deutschland, Afghanistan, Belarus, Brasilien, Bulgarien, China, Indien, Japan, Syrien, Türkei und der Ukraine. Angesiedelt ist das Projekt im Fachbereich für Integration und Arbeit des Landkreises.
Tandem-Projekt als fester Baustein der Integrationsarbeit des Kreises
Marian Zachow, Erster Kreisbeigeordneter und zuständiger Dezernent in der Kreisverwaltung, betont die Bedeutung, die das Projekt inzwischen hat: „Voneinander lernen, kultureller Austausch, Barrieren abbauen: Das ist gelebte Integration und Vielfalt“, unterstreicht Zachow. Das Tandem-Projekt sei mittlerweile fester Bestandteil der Integrationsarbeit des Kreises, weil es für soziale Inklusion sorge, und ergänze die verschiedenen anderen Angebote des Kreises wie Sprachförderung und die Integration in den Arbeitsmarkt.
Das Büro für Integration plant und begleitet die Termine – von Gruppentreffen zum Kennenlernen über gemeinsame Ausflüge bis hin zu Workshops, in denen es um Selbstbehauptung und Frauenrechte geht. Zudem stellen die Mitarbeiterinnen dort die Tandems zusammen und bieten Unterstützung an, wenn spezifische Fragen oder Herausforderungen auftauchen. Je nach den Rückmeldungen der Teilnehmenden sind auch zusätzliche Treffen möglich, die sich an bestimmten Zielen orientieren. Wie zum Beispiel ein Workshop mit dem Thema Bewerbungscoaching, weil die Teilnehmerinnen sich auf eine Ausbildung- oder Arbeitsstelle bewerben wollen.
Der Landkreis bewertet das Tandem-Projekt bislang als vollen Erfolg: „Wir erhalten viele positive Rückmeldungen von Teilnehmerinnen. Viele empfehlen das Projekt an Freundinnen und Bekannte weiter, nachdem sie selber teilgenommen haben“, berichtet Xiaotian Tang, die Projektkoordinatorin beim Landkreis. Mit dem Projekt komme der Kreis dem Bedarf neu angekommener Frauen nach, neue Kontakte zu knüpfen und soziale Isolation zu vermeiden. Und auch den Begleiterinnen, die schon lange hier leben, mach es Freude, neue Freundinnen zu finden und ihren Horizont zu erweitern, so Tang.
Der Erfolg des Projekts zeige sich auch darin, dass viele Tandems nach der sechsmonatigen Laufzeit weiterhin in einer vertrauensvollen Beziehung bleiben und sich regelmäßig treffen. „Jetzt habe ich eine neue Schwester aus einem anderen Land!“, so eine Projektteilnehmerin. Doch nicht nur das: „Wir sehen im Laufe einer Runde auch große Veränderungen bei den Teilnehmerinnen. Frauen, die bisher nur in einem Land gelebt haben, erhalten Einblicke in den mehrsprachig geprägten Alltag ihrer Tandempartnerinnen, wie zum Beispiel die routinierten Videoanrufe in das Herkunftsland. Frauen, die neu nach Deutschland gekommen sind, finden in vertrauensvollen Gesprächen mit ihren Tandempartnerinnen einen unschätzbaren Zugang und Umgang mit der deutschen Sprache und entdecken bei gemeinsamen Unternehmungen ihre Möglichkeiten in der neuen Heimat“, freut sich Tang.
Das Projekt macht der Kreis zielgerichtet bekannt. Von Informationen im KreisJobCenter über Institutionen, die Frauen helfen und unterstützen, bis hin zu Sprachkursen und der Freiwilligenagentur Marburg-Biedenkopf. Viele Frauen erfahren auch durch ehemalige Teilnehmerinnen von dem Projekt.
Anmeldung beim Landkreis möglich
Interessierte Frauen, die in der kommenden Tandem-Runde von Februar bis August 2024 teilnehmen möchten, können sich bei Xiaotian Tang per E-Mail an tangxmarburg-biedenkopfde melden. Voraussetzungen für eine Teilnahme sind die Teilnahme an sechs Gruppentreffen, Interesse an gegenseitigem Lernen, Begegnung auf Augenhöhe sowie Kenntnisse der deutschen Sprache auf mindestens Sprachniveau A2.
Wenn eine Runde so wie aktuell bereits läuft, kommen die Frauen in eine Warteliste für die nächste Runde. „Wir melden uns aber natürlich sofort zurück, wenn wir eine Anmeldung erhalten und erklären dies“, sagt Tang. Insbesondere freut sich der Kreis aktuell, wenn sich Frauen melden, die hier aufgewachsen sind oder schon länger hier leben und als Begleiterin Teil des Projekts werden möchten.