Marburg-Biedenkopf – „Die neue Verkehrsfibel. Ausgabe: Kreis Biedenkopf“ aus dem Jahr 1954 ist das Exponat des Monats Oktober im Hinterlandmuseum im Schloss Biedenkopf. Die Broschüre enthält auf 40 Seiten die damals wichtigsten Verkehrsregeln für Fußgänger, Rad- und Kraftfahrer. Wie ein Aufdruck verrät, wurde sie seinerzeit von der Polizeistation Breidenbach verteilt. Ein Bürger aus dieser Gemeinde war es auch, der sie kürzlich dem Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf gestiftet hat.
„Die Sicherheit im modernen Straßenverkehr ist die gemeinsame Aufgabe aller Verkehrsteilnehmer. Wer sich durch mangelnde Vorsicht und Rücksicht gegen seine Gesetze vergeht, versündigt sich damit an der Verkehrsgemeinschaft. Der richtige Kraftfahrer vergißt dies nie, denn er ist ein Ritter der Straße, ein Fahrer mit Verstand und Herz“, heißt es in der Broschüre.
Die in der Broschüre gezeigten Verkehrsregeln werden durch kleine Skizzen illustriert, von denen viele heute unfreiwillig komisch und oft klischeehaft wirken. So etwa der Fußgänger, der zeitungslesend auf einen offenen Gullyschacht zugeht, der Radfahrer, der ein Pferd an einer Leine hinter sich her zieht, der Autofahrer, der auf der Autobahn für ein Picknick anhält oder der Lastwagenfahrer, der durch drei junge Frauen in seiner Fahrerkabine abgelenkt wird.
Farbig werden zudem die wichtigsten Verkehrszeichen wiedergegeben. Viele sind heute noch gültig, einige zwischenzeitlich aber auch aufgegeben worden, wie die unterschiedlichen Zeichen für ein- und mehrgleisige unbeschrankte Bahnübergänge.
Anlass, die Verkehrsfibel herauszugeben, war die auch im Kreis Biedenkopf hohe Anzahl von Unfällen mit Personenschäden. Die Broschüre bildet einige mit drastischen Fotos ab und nennt Zahlen. Demnach verzeichnete die Verkehrsunfallstatistik im Landkreis Biedenkopf für das Jahr 1953 bei 317 Verkehrsunfällen 255 Verletzte und 13 Tote. Zum Vergleich: 2021 starben im gesamten Landkreis Marburg-Biedenkopf 12 Personen. Der Kreis Biedenkopf hatte um 1950 etwa 60.000, der Landkreis Marburg-Biedenkopf 2021 circa 246.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Der Rückgang der Verkehrstoten im Vergleich der Einwohnerzahl zeigt den Erfolg von verkehrspolitischen Maßnahmen seit den 1970er Jahren wie die Einführung der Gurtpflicht oder von Höchstgeschwindigkeiten. Allerdings ist jeder Verkehrstote einer zu viel.
Zu sehen ist das Exponat des Monats während der Öffnungszeiten des Hinterlandmuseums, dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen jeweils von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 2,50 Euro, für Kinder bis 14 Jahre 1,30 Euro. Für den Besuch des Museum wird das Tragen einer FFP2-Maske oder zumindest einer OP-Maske dringend empfohlen.