Marburg-Biedenkopf – Zwei Paar Lederschuhe für Kleinkinder sind die Exponate des Monats November im Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf. Die sogenannten Lauflernschuhe waren für den täglichen Gebrauch gedacht. Ute und Jürgen Davidis haben sie dem Hinterlandmuseum zur Verfügung gestellt.
Die Schuhe gehörten den Brüdern Karl (1904 bis 1982) und Albert Georg (1918 bis 2003) Unverzagt. Karl hat die schwarzen Schuhe getragen, die auch Abnutzungen am Oberleder und Reparaturen an den Sohlen aufweisen. Sein jüngerer Bruder Albert Georg trug das braune Paar. Ute Davidis ist die Tochter von Albert Georg Unverzagt.
In Biedenkopf und darüber hinaus ist der Name Unverzagt vor allem durch die Druckerei Unverzagt bekannt. Diese hatte Karl Louis Unverzagt (1880 bis 1951) im Jahr 1906 in Frankfurt am Main gegründet. Seit 1912 befindet sich die Druckerei am unteren Ende der Biedenkopfer Stadtgasse. Im vorderen Gebäudebereich befand sich über viele Jahre ein Schreibwarengeschäft, dass zuletzt vom Ehepaar Davidis geführt wurde.
Die um 1905 gefertigten schwarzen Schuhe wurden über einen symmetrisch geformten Leisten gearbeitet und weisen daher die gleiche Form auf. Ein Leisten ist ein Formstück aus Holz, Kunststoff oder Metall, das der Form eines Fußes nachempfunden ist und zum Bau eines Schuhs verwendet wird. Die Schuhe passten sich der Fußform allenfalls durch „Einlaufen“ ein wenig an. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war diese Herstellungspraxis allgemein üblich. Bei Kinderschuhen hielt man trotz ärztlicher Bedenken noch bis nach 1900 daran fest.
Das etwa 15 Jahre später gefertigte braune Paar ist der Form der Füße angepasst, so dass sich der linke und der rechte Schuh klar unterscheiden. Wie das schwarze Paar weisen auch die braunen Schuhe eine unflexible Sohle auf, zusätzlich jedoch noch einen kleinen Absatz. Dieser wurde schon seinerzeit als orthopädisch bedenklich bemängelt, galt manchen jedoch als notwendig zur Verhinderung von Plattfüßen.
Im Gegensatz zur Herstellung anderer Kleidungsstücke wurden Schuhe schon immer von ausgebildeten Handwerkern hergestellt. Schuhmacher stellten dabei nicht nur Schuhe nach Maß her und boten Reparaturen an, ihr Arbeitsraum diente zugleich als Verkaufsraum für vorgefertigte Modelle.
Zu sehen sind die Exponate des Monats noch bis zum Ende der Museumssaison am 20. November 2022 im Hinterlandmuseum. Das Museum hat dienstags bis sonntags sowie feiertags jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet für Erwachsene 2,50 Euro, für Kinder bis 14 Jahre 1,30 Euro. Für den Besuch des Museum wird weiterhin das Tragen einer FFP2-Maske oder zumindest einer OP-Maske dringend empfohlen.