Marburg-Biedenkopf – Humor macht das (Geschäfts-)Leben nicht nur leichter, sondern verlängert es auch. Und dennoch nimmt Humor im Leben viel zu wenig Platz ein. So lautete eine der Kernaussagen, die der Wiener Arzt und Autor Dr. Roman F. Szeliga als Redner bei der Info-Messe „NOWA Job“ den Gästen mit auf den Weg gab. Rund 300 Interessierte aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung waren der Einladung des Landkreises Marburg-Biedenkopf ins Marburger Cineplex-Kino gefolgt. Vor Szeligas Vortrag über die Bedeutung von Humor im Geschäftsleben sprach der Schlafforscher Werner Cassel darüber, wie wichtig Schlaf für Produktivität und Wohlbefinden ist.
„Ich freue mich, dass unsere 20. NOWA nach zweijähriger Pause so viel Zuspruch erfährt“, betonte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow bei der Begrüßung der Gäste. Er dankte den Rednern sowie allen beteiligten Unternehmen und Institutionen für ihren Beitrag zu einer spannenden Informationsmesse. Auch Zachow sprach sich dafür aus, dem Humor mehr Bedeutung im Leben zu geben. Auch in der Politik: „Auch bei aller Ernsthaftigkeit in der Politik und ihren Themen ist es wichtig, das Lachen nicht zu verlernen“, so Zachow. Von mehr Humor im Umgang miteinander könne sicherlich auch die Politik profitieren.
Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies ging bei seiner Begrüßung vor allem auf die Bedeutung des sozialen Miteinanders für die Gesundheit ein. Die Pandemie habe deutlich gezeigt, dass sozialer Austausch, darunter auch gemeinsames Lachen, unabdingbar für das Berufsleben und die Menschen ist. Es gelte, aus diesen Erkenntnissen zu lernen und sie auch in die Zukunft der Berufswelt mitzunehmen.
Dr. Roman F. Szeliga lud die Besucherinnen und Besucher in seinem Vortrag dazu ein, Menschen gerade auch im Geschäftsleben mit Charme und Humor zu begeistern und zu motivieren. Oft reiche als Eisbrecher für neue Begegnungen schon die Frage „Darf ich Ihnen ein Kompliment machen?“. Wahrscheinlich würden nur wenige Leute darauf mit einer ablehnenden Haltung reagieren. Zudem erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass „Sinn für Humor“ bei den Einstellungskriterien von Unternehmen nach „Produkt- und Fachkenntnis“ sowie „engagiert-wirtschaftlichem Denken“ bereits an dritter Stelle benannt wird.
Mit einem Augenzwinkern sei es deutlich einfacher, Probleme und Vorhaben in Unternehmen auf charmante Art zu lösen. Als Beispiel nannte Szeliga eine Autowerkstatt, die sich häufig durch unqualifizierte Hinweise und Besserwisserei von Kundinnen und Kunden gestört fühlte. Statt diese schroff darauf hinzuweisen, änderten sie einfach ihre Preisschild: Die Reparatur war mit ungebetener „Mithilfe“ der Kundinnen und Kunden nun deutlich teurer als durch das Fachpersonal. Das Problem war damit gelöst.
Wie wenig Platz Positivität und Humor im (Geschäfts-)Leben wirklich hätten, lasse sich auch mit Zahlen aus der Wissenschaft belegen, so Szeliga. So standen im Jahr 2018 über 12.000 wissenschaftlichen Arbeiten pro Jahr über das Thema Ärger nur 1.319 über Genuss entgegen. Während sich fast 25.000 Arbeiten mit Angst auseinandersetzen, gab es nur 897 Beiträge über Mut. Und während nicht einmal 8.000 Arbeiten Freude zum Thema hatten, beschäftigten sich fast 98.000 über Depression. Grundlage der Zahlen war eine Analyse der „WHO Emotional Healthcare study 2018“. Deshalb sei es unabdingbar, Humor und Leichtigkeit viel präsenter zu machen. Auch, weil Beschäftige so produktiver seien und sich am Arbeitsplatz wohler fühlen würden. Allerdings dürfen und sollten Witze nie auf Kosten anderer gehen, betont Szeliga.
Szeliga erzählte auch über die Bedeutung von Humor während seiner Tätigkeit als Arzt. Durch einen Fernseh-Beitrag über Krankenhaus-Clowns während einer USA-Reise kam er auf die Idee, selbst als solcher tätig zu werden. Bei der Klinik-Leitung kam diese Idee zunächst gar nicht an – bis sich schnell Erfolge einstellten und sich das Wohlbefinden der kranken Kinder verbesserte.
Statt sich ständig mit anderen Menschen zu vergleichen, sei es zudem viel wichtiger, mit Dankbarkeit und Bewusstheit für den Moment zu leben, so Szeligas Rat.
Sein Geld im Schlaf…labor verdient Diplom-Psychologe Werner Cassel als Schlafforscher. Er gab in seinem Kurzvortrag einen kleinen Einblick in das älteste schlafmedizinische Forschungszentrum Deutschlands an der Philipps-Universität Marburg. Dabei erklärte er, wie wichtig guter Schlaf für Produktivität im Berufsleben und Lebensqualität ist. Schlaf sorge nicht nur für emotionale Stabilität, sondern sei auch für den Transport von Abfallstoffen im Gehirn wichtig. Menschen würden zwar am Tag lernen, für das Behalten der Inhalte sei aber guter Schlaf unabdingbar. Cassel schlug dabei auch einen Bogen zum aktuellen Arbeitsmarkt in Deutschland: Gerade vor dem Hintergrund des aktuellen Fachkräftemangels gäbe es ein großes Potenzial bei älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Für die sei guter Schlaf aber besonders wichtig. Die Lösung: Wer tagsüber viel Licht bekommt, schläft nachts besser. Denn dann stimmt der Melatoninspiegel. Melatonin ist ein Hormon, das den Schlaf-Wach-Zyklus reguliert.
Cassel erzählte auch von der Geschichte des Schlaflabors: Wie er mit seinem Team abends Schreibtische aus dem Büro räumte, um Menschen mit Schlafstörungen mit in der Klinik zusammengesammeltem Equipment im Schlaf zu beobachten. Wie es 1997 gelang, den fünften Weltkongress für Schlafapnoe, eine Atmungsstörung im Schlaf, mit 1.000 Teilnehmenden nach Marburg zu holen. Und wie aus Exoten der Schlafforschung nach und nach das erste schlafmedizinische Forschungszentrum in Deutschland wurde.
Ob Klinikclowns oder selbstgebautes Schlaflabor: Trotz anfänglicher Skepsis gegenüber ihren Ansätzen konnten beide Vortragenden ihre Ideen in großen Gesundheitseinrichtungen erfolgreich umsetzen und entwickeln. Auch dies war eine Botschaft der Messe: Es lohnt sich, neue Ideen und Wege auch gegen Widerstände umzusetzen.
Vor und nach den Vorträgen konnten die Gäste eine kleine Ausstellung im oberen Foyer des Kinos besuchen und sich an Ständen von Projektförderern, Initiativen des Landkreises sowie bei Unternehmen und Institutionen informieren. Darunter an Ständen des Kreises vom KreisJobCenter, dem Büro für Innovation und Qualifizierung sowie dem Fachdienst Klimaschutz und Erneuerbare Energien.