Marburg-Biedenkopf – Der Bahnhof in Fronhausen wird ein weiterer Ankerpunkt der Route der Arbeits- und Industriekultur im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow übergab das offizielle Schild „Wir werden Standort“ in Fronhausen. Bürgermeisterin Claudia Schnabel und der Eigentümer des Bahnhofs sowie des Güterbahnhofs Ulf Stiller nahmen das Hinweisschild entgegen.
Am Beispiel des Bahnhofs und Güterbahnhofs in Fronhausen soll die Bedeutung der Bahnhöfe vor allem im 19. Jahrhundert für die Industrialisierung im Landkreis aufgezeigt werden. Im Rahmen eines kulturwissenschaftlichen Ansatzes soll herausgefunden werden, was der Bahnanschluss mit den Menschen gemacht hat. Was veränderte sich dadurch? Welchen Einfluss hatten die neuen Berufe Bahnbeamter oder Bahnwärter auf die Dorfgemeinschaft? Wie veränderte sich durch den Bahnanschluss das Pendlerverhalten der Menschen bezüglich Schulbildung, Arbeit oder im Zusammenhang mit dem ersten Weltkrieg? Diese Fragen und weitere Fakten zu den Bahnanschlüssen und die dadurch erfolgte Industrialisierung im Landkreis werden Teil der geplanten Ausstellung sein.
„Ein großes Dankeschön gilt nicht nur der Gemeinde Fronhausen. Auch bei Ulf Stiller und den vielen Bürgerinnen und Bürgern, die unterschiedliche Materialien für die geplante Ausstellung eingereicht haben, möchte ich mich bedanken“, erklärte der Erste Kreisbeigeordnete.
Gerade in Fronhausen, zumal angesichts des dortigen Güterschuppens, werde deutlich, wie spannend die Auseinandersetzung mit lokaler Geschichte auch im Spannungsfeld von Gegenwart und Zukunft sein kann: Der Bahnverkehr – und insbesondere der Güterverkehr – habe im 19.und frühen 20. Jahrhundert einen Boom für die Unternehmen auch im ländlichen Raum gebracht und zu einer Blüte der Städte, Dörfer sowie Unternehmen an der Bahnstrecke geführt. Seit dem „Autoboom“ in den 60er Jahren sei die Infrastruktur in dieser Zeit für den Güterverkehr aber insgesamt Stück für Stück abgebaut worden. In Fronhausen schlug sich das im Verfall des Güterschuppens nieder, der erst durch das Engagement von Ulf Stiller gerettet wurde.
„Heute wären wir angesichts des Klimawandels froh, Güterschuppen und Infrastruktur für den Schienengüterverkehr noch zu haben. Derzeit sind wir an vielen Punkten aktiv, zum Teil erst vor 20 Jahren abgebaute Infrastruktur zu reaktivieren. Die Route der Arbeits- und Industriekultur lasse an einem anschaulichen Beispiel deutlich werden, dass der Blick in die Vergangenheit lohnt, weil er richtige und falsche Weichenstellungen zugleich erkennen lässt“, so Zachow.
In den vergangenen Monaten stellte die Bevölkerung Objekte und Bilder, die mit der regionalen Geschichte der Eisenbahn verbunden sind, zur späteren Nutzung im Ankerpunkt zur Verfügung. Neben verschiedenen Fotos gehört dazu unter anderem auch eine originale Uniform eines Bahnbeamten, vermutlich aus der Kaiserzeit. Die Verantwortlichen freuen sich über den Zuspruch und hoffen auf weitere Exponate für die geplante Ausstellung.
Die vorbeiführende Fahrradroute und die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln soll viele Interessierte anlocken. Der Bahnhof, der Güterbahnhof und der Kreisverkehr auf dem Bahnhofsvorplatz mit seiner historischen Schaltanlage bilden zusammen eine sehenswerte Station.
Die Schildübergabe ist der erste Schritt, um aus dem Bahnhof in Fronhausen eine Station der Route der Arbeits- und Industriekultur im Landkreis Marburg-Biedenkopf zu machen. Die Gestaltung des Lernortes läuft jetzt an. Geplantes Ziel ist die Umwidmung von „Wir werden“ in „Wir sind Standort“, um somit offizieller Teil der Route zu sein.
Ebenfalls gehören das Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf, das Dokumentations- und Informationszentrum Stadtallendorf, das Regionalmuseum Gladenbach-Weidenhausen und die Brücker Mühle in Amöneburg zu den bereits eröffneten Stationen der Route der Arbeits- und Industriekultur, die durch den Landkreis Marburg-Biedenkopf führt.