Marburg-Biedenkopf – Landrätin Kirsten Fründt hat Dr. Erich Wranze-Bielefeld als Ärztlichen Leiter des Rettungsdienstes im Landkreis Marburg-Biedenkopf verabschiedet und seinen Nachfolger Dr. Martin Sassen in das Amt eingeführt. 20 Jahre lang hat Wranze-Bielefeld den Rettungsdienst in der Region geprägt.
Fründt dankte dem scheidenden Notarzt für dessen langjähriges Wirken: „Dass der Rettungsdienst des Kreises heute so gut aufgestellt ist, ist auch sein Verdienst“, sagte die Landrätin. Wranze-Bielefeld habe viele wichtige Impulse zur Weiterentwicklung der Notfallmedizin in Marburg-Biedenkopf gesetzt. Zudem zeichne er sich durch hohe fachliche und menschliche Kompetenz aus.
Der 66-Jährige übernahm seine Aufgabe vor 20 Jahren. Damit war er zugleich der erste Ärztliche Leiter Rettungsdienst des Landkreises und gilt als Notarztpionier. In dieser Zeit hat der in Maribor (Slowenien) geborene Arzt immer wieder neue Wege gefunden, um die notärztliche Versorgung im Landkreis zu verbessern. So hat er das sogenannte Voraushelfersystem im Landkreis eingeführt. Dabei handelt es sich um eigens geschulte Freiwillige, die bei einer Reanimation alarmiert werden, wenn sie innerhalb von vier Minuten beim Patienten sein können. Sie überbrücken den Zeitraum bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes. Im Laufe der Jahre wurden 350 Voraushelferinnen und Voraushelfer gewonnen. Dadurch sind die Reanimationsergebnisse im Landkreis deutlich besser als andernorts.
Auch das sogenannte Kompetenzprojekt geht maßgeblich auf Wranze-Bielefeld zurück. Mit Unterstützung eines Arztes oder einer Ärztin am Telefon erhielt das Rettungsdienstpersonal damit mehr Kompetenzen bei Einsätzen, insbesondere im Zusammenhang mit der Gabe von Medikamenten durch nicht-ärztliches Rettungsdienstpersonal. Aus dem Kompetenzprojekt entwickelte sich die „Telemedizin im Rettungsdienst“, für die Wranze-Bielefeld weiterhin Projektleiter bleibt. Dabei wird bei nicht lebensbedrohlichen Krankheiten zunächst ein Rettungswagen ohne Notarzt losgeschickt. Vor Ort werden die Patientinnen und Patienten mit modernen Geräten untersucht, die Untersuchungsergebnisse werden dann an einen diensthabenden Notarzt übermittelt. So kann dieser Herzfrequenz, Sauerstoffgehalt oder Blutdruckwerte bewerten, beraten und im Notfall immer noch direkt zum Patienten kommen.
Zudem war Wranze-Bielefeld über die Landkreisgrenzen hinaus als ehrenamtlicher Helfer mit der Schnell-Einsatz-Einheit Bergung Ausland bei Erdbeben in der Türkei, im Iran und in Indien, als Sprecher der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst in Hessen, als Lehrkraft an der Hessischen Landesfeuerwehrschule und bei der Ausarbeitung der strukturierten Notrufabfrage in der Rettungsleitestelle tätig. Ziel der strukturierten Notrufabfrage ist es, dass jedes Hilfeersuchen nach einem festgelegten Ablauf abgefragt wird.
Sein Nachfolger ist Dr. Martin Sassen, der in Marburg studiert und im Praktischen Jahr Erfahrungen in einem Traumazentrum im US-amerikanischen New Orleans gesammelt hat. Seine Assistenzzeit absolvierte er in der Marburger Kinderklinik, wo er auch als Baby-Notarzt unterwegs war. Zwei Jahre lang forschte er an der dänischen Universität Aarhus. Seinen Facharzt machte er in Anästhesie und Notfallmedizin, wofür er 2015 in das Zentrum für Notfallmedizin der Universitätsklinik Marburg wechselte. Dort ist er heute Oberarzt und Leiter der Krankenhauseinsatzplanung.
Sassen ist nicht nur als Ärztlicher Leiter Rettungsdienst für den Kreis Marburg-Biedenkopf tätig, sondern auch weiter in Teilzeit als Oberarzt im Klinikum und regelmäßig als Notarzt im Landkreis im Einsatz. Er steht für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess und möchte das Voraushelfersystem fördern. Seine enge Verbindung zur Hochschule möchte er nutzen, um die im Landkreis gestartete „Telemedizin im Rettungsdienst“ wissenschaftlich zu untersuchen, auszuwerten und auszuweiten.