Marburg-Biedenkopf – Am Donnerstag, 17. September 2020, ist in feierlichem Rahmen der Otto-Ubbelohde-Preis 2020 im Tagungsraum des Landratsamts Marburg-Biedenkopf verliehen worden. Der mit 1000 Euro dotierte renommierte Preis des Landkreises Marburg-Biedenkopf geht an die Künstlerin Hilde Genz, den Theatermacher und Autoren Willi Schmidt und an den Polizei-Motorsport-Club Marburg.
„Oh hohe Kunst, ich danke dir“ hieß es im eröffnenden Liedvortrag des Tenors Daniel Sans. Der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow sah darin eine perfekte Einleitung zur Verleihung des Preises, „die Preisträger bereiten anderen mit ihrer Kunst auf ganz unterschiedliche Art Lebensfreude“, sagte er. Der mittlerweile 34. Otto-Ubbelohde-Preis wurde, anders als sonst, dieses Mal nicht im Biedenkopfer Schloss, sondern im Tagungszentrum des Marburger Landratsamts verliehen, der mehr Raum für den gebotenen Abstand lässt. Doch mit musikalischer Umrahmung und einem fesselnden Festvortrag durch Ulrich Weigel von den „Hinterländer Mountainbikern“ war auch diese Verleihung vor Vertretern von Kreisausschuss, Kreistag und Kommunalpolitik sowie Jurymitgliedern und Begleitern der Preisträger festlich.
„Die Jury musste in diesem Jahr aus 45 Bewerbungen auswählen“, sagte Zachow, „und die Konkurrenz war stark.“ Denn die Kulturangebote im Kreis seien ausgesprochen vielfältig. Der Preis sei auch eine Anerkennung des großen Engagements vieler Menschen in diesem Bereich. Auch die drei Preisträger gäben der Region auf jeweils ganz eigene Weise ein Gesicht, sagte Zachow – so wie es auch Otto Ubbelohde mit seiner Malerei getan habe. Hilde Genz treffe mit ihrer künstlerischen Arbeit den Nerv der Zeit, betonte der Erste Kreisbeigeordnete. Die Keramik-Künstlerin zeige immer wieder gesellschaftliche Probleme und Fehlentwicklungen auf, wie etwa mit der Abbildung eines Menschen am Bildschirm, der auf Hand und Augen reduziert ist. Eine andere Skulptur zeige beispielsweise das Smartphone als Brücke in eine Heimat im Kriegszustand. Genz wandle aber auch auf den Spuren Ubbelohdes und habe nach Märchen der Brüder Grimm gearbeitet. Sie sei auch regelmäßige Teilnehmerin an den Kunsttagen des Landkreises.
Auch Willi Schmidt (Öffnet in einem neuen Tab) gebe der Region ein Gesicht, indem er Themen aus dem Landkreis seit vielen Jahren in Theaterstücken verarbeite, erläuterte Zachow. Dabei bilde er aber keine sentimentale Heimatidylle ab, sondern behandle geschichtliche und soziale Verwerfungen. Hohe Authentizität erreiche er dabei auch durch die Verwendung des örtlichen Dialekts. Schmidt arbeite mit Laiendarstellerinnen und Laiendarstellern aus seinem Heimatort Wittelsberg und anderen Orten des Ebsdorfergrundes. Seine Stücke handeln beispielsweise von der Ausbeutung von Mägden und Knechten oder von der Ausgrenzung von Menschen mit psychischen Problemen.
Einem ganz anderen Gebiet widmet sich der Polizei-Motorsport-Club Marburg (Öffnet in einem neuen Tab). Der Verein betreibt das Erste Deutsche Polizeioldtimer-Museum seit 2003. Dort präsentiert er an die 100 historische Polizeifahrzeuge, von Motorrädern und gepanzerten Sonderwagen bis hin zu einem Schwimmwagen. „Polizeigeschichte ist auch Demokratiegeschichte“, sagte Zachow. Die Exponate illustrierten auch das Verhältnis zwischen Polizei und Bürgerinnen und Bürgern durch die Geschichte hindurch. Auch der Wandel des Berufsbilds sei ablesbar. Zudem repräsentierten die Exponate immer wieder Marburg in der Welt des Films. Die zum Teil einzigartigen Oldtimer werden immer wieder für Filmproduktionen wie beispielsweise „Der Baader-Meinhof-Komplex“ oder „Das Wunder von Bern“ ausgeliehen.
„Das ist eine Ehrung für alle, die für eine Sache brennen“, freute sich Hilde Genz, nachdem sie die Urkunde entgegengenommen hatte. „Ich fühle mich mit meiner Arbeit bei diesem Preis sehr gut aufgehoben.“ Willi Schmidt erklärte, der Preis bestätige ihn darin, seine Geschichten auf seine Weise zu erzählen. Und er betonte: „Durch die alten Geschichten verstehen wir etwas mehr, wer wir sind.“
Im Bestreben, Kulturgut zu erhalten, fühlt sich auch der Polizei-Motorsport-Club durch den Preis bestätigt, erklärte der Vereinsvorsitzende Eberhard Dersch. Die Unikate, die der Verein im Fundus hat, seien zuvor teilweise über Jahre hinweg restauriert worden. Dafür müssten manche Ersatzteile selbst hergestellt werden. Dass viele der Fahrzeuge inzwischen Filmstars sind, sei ebenso Lohn dafür wie eine Fahrt mit einem wiederhergestellten Amphibienfahrzeug im Baggersee.
Von der Leidenschaft für Kultur und Geschichte handelte auch der kurzweilige Festvortrag von Ulrich Weigel. Er stellte die Aktivitäten der „Hinterländer Mountainbiker“ vor, die 2016 den Otto-Ubbelohde-Preis gewonnen haben. Sie sind seit 27 Jahren mit ihren Mountainbikes in der Welt unterwegs, um Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes zu erfahren und diese Geschichten dann auch für andere nachvollziehbar zu machen. So haben sie historischen Ereignissen und historischen Routen nachgespürt und reisten auf den Spuren des Hinterländer Dialekts bis nach Russland und Kasachstan. Die Leidenschaft für diese Projekte, die Weigel spürbar machte, verbindet auch die drei diesjährigen Preisträger.