Marburg-Biedenkopf – Wie lassen sich Vermarktungswege für regionale Lebensmittel verbessern und erweitern? Diese Frage hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit regionalen Erzeugern und Handelspartnern im Marburger Landratsamt thematisiert. Dabei haben die Beteiligten auch ein Konzept für eine Sammelstelle regionaler Produkte im Landkreis vorgestellt. Damit könnten so erzeugte Lebensmittel zentral verkauft werden.
„Der Landkreis ist in Sachen Direktvermarktung gut ausgestattet“, sagte Unternehmensberaterin Dr. Ilona Gebauer, die an dem Abend die Ergebnisse einer vom Kreis in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie zur Verbesserung von Vermarktungswegen vorstellte. Themen der Studie waren unter anderem die regionale Kaufkraft, Bestands- und Wettbewerbsanalyse sowie Produktpotenziale. Im Rahmen einer Bürgerbefragung wurden bereits Wünsche und Kriterien für den Lebensmitteleinkauf von Verbrauchern ermittelt. Befragt wurden zuerst über 400 Bürgerinnen und Bürger mit einem standardisierten Fragebogen durch den Fachdienst Bürgerbeteiligung und Beschwerdemanagement. Weitere Fragestellungen wurden dann über die Machbarkeitsstudie mittels Recherchen und gezielten Interviews von Multiplikatoren wie Direktvermarktenden analysiert und aufbereitet. Ergebnis: Regionalität und biologische Erzeugung wurden als wichtige Kriterien für den Lebensmitteleinkauf der Verbraucher identifiziert. Rund 61 Prozent der Befragten wünschen sich daher auch mehr Informationen zu regionalen Einkaufsmöglichkeiten, 52 Prozent einen Laden mit regionalen Bioprodukten. Und während der Selbstversorgungsgrad bei der Fleischproduktion im Kreis bei rund 35 Prozent liegt und die zugelassenen Schlachtkapazitäten bereits um rund 60 Prozent ausgelastet sind, werden Obst und Gemüse laut der Studienergebnisse bisher eher in geringen Mengen vor Ort angebaut.
Eine Empfehlung, die sich aus der von Gebauer vorgestellten Studie ableitete, war dann auch das Konzept einer Sammelstelle für regionale Produkte. An der Sammelstelle kann dann direkt gekauft werden. Eine solche Sammelstelle könne gerade auch für Gastronomen interessant sein, so Gebauer, da so ein zentraler Ort für regionale Angebote zur Verfügung stünde. Das Konzept befindet sich aber noch in der Anfangsphase und soll nun im gemeinsamen Dialog von Kreis, regionalen Erzeugern und Handelspartnern vorangetrieben werden.
Auch andere Vermarktungswege waren Thema: Carsten Marin von der „Marktscheune Wittelsberg“ stellte die „Regiomaten“ vor. Das sind Verkaufsautomaten mit regionalen Produkten, mit denen Erzeuger an verschiedenen Standorten im Landkreis ihre Lebensmittel rund um die Uhr anbieten können. Weil die Automaten sich als erfolgreich erweisen, möchte Marin das Angebot in Zukunft noch erweitern. Und Dr. Karl-Heinz Firsching liefert über seinen „Boshammersch Hof“ frisch gepackte Bio-Produkte auch direkt an die Verbraucher. Wichtig sei dabei, Werbung für die Produkte, beispielsweise mit regelmäßiger Kommunikation über soziale Medien, zu machen, so Firsching.
„Regionale Produkte genießen derzeit eine hohe Wertschätzung. Diese Chance sollte genutzt werden“, betonte Kreislandwirt Frank Staubitz. Und Karin Lölkes vom Kreisbauernverband machte deutlich: „Es ist wichtig, regional zu kaufen, um auch etwas für den Klimawandel zu tun“. Dabei brachte sie auch die Möglichkeit eines einheitlichen Labels für regionale Produkte im Landkreis ins Gespräch, „damit man mit den regionalen Produkten gleich etwas verbindet“.
Dass sich der Landkreis Marburg-Biedenkopf als Ökomodellregion bereits vielfältig für die Vermarktung regionaler Produkte und den Erzeuger-Verbraucher-Dialog einsetzt, unterstrich Netzwerkkoordinatorin Ilka Ufer. Der Kreis arbeitet mit den anderen Ökomodellregionen in Hessen beispielsweise bei der Vermarktung von Bio-Weiderindfleisch zusammen. Das Konzept „BioRegional“ soll außerdem die Regionalität biologischer Produkte in Hofläden sichtbar machen – ein Vorhaben, das in der „Brücker Mühle“ in Amöneburg bereits umgesetzt wurde. Mit der „Biobroschüre“ bietet der Landkreis außerdem einen Einkaufsführer für Biolebensmittel aus der Region an. Und mit der „RegioApp“ des Kreises lassen sich regionale Produkte auch digital entdecken.
Am Ende der Veranstaltung haben sich die Teilnehmenden dann noch einmal aktiv bei der Konzepterstellung eingebracht: Mit bunten Kärtchen konnten regionale Erzeuger ihre Produkte in Kategorien wie Fleisch, Obst, Milch und Getreideprodukte einteilen und an einer Pinnwand so den anderen Teilnehmenden vorstellen. Auch diese Produkte könnten dann über die vorgestellten Vermarktungswege angeboten werde. Die Kärtchen mit zusätzlich dazu angebotenen Fragebögen werden in den kommenden Wochen vom Fachbereich Ländlicher Raum und Verbraucherschutz ausgewertet. Auch Möglichkeiten zur Werbung für Produkte aus der Region werden nun noch einmal stärker in den Fokus der Beteiligten rücken. Das Thema Wissensvermittlung in Schulen bezüglich regionaler Produkte soll ebenfalls ein Aspekt verbesserter Vermarktungswege werden. „Zusammen haben wir die meisten und besten Ideen“, betonte Margot Schneider, Leiterin des Fachdienstes „Erzeuger-Verbraucher-Dialog“. Der Kreis wolle daher auch weiterhin zusammen mit seinen Partnern unterstützend und beratend tätig sein.