Marburg-Biedenkopf – Der Landkreis Marburg-Biedenkopf ist als einziger hessischer Landkreis für das Bundesförderprogramm „HyLand – Wasserstoffregionen in Deutschland“ ausgewählt worden. Mit dem ersten Strategie-Dialog im Marburger Landratsamt hat der Kreis gemeinsam mit der Universitätsstadt Marburg und den Stadtwerken Marburg Potentiale und Ideen der Wasserstoffnutzung in Marburg-Biedenkopf vorgestellt. Dabei haben sich die Beteiligten mit rund 50 regionalen und überregionalen Akteurinnen und Akteuren über Möglichkeiten für den Einsatz und die Gewinnung von Wasserstoff in der Region ausgetauscht.
„Wasserstoff bietet sich als zusätzlicher und sehr flexibler Baustein in einem nachhaltigen Energiesystem an und ist auch ein Verbindungselement zur Mobilität. Er kann wichtige Funktionen in der Speicherung von Erneuerbaren Energien, in der Mobilität und bei neuen Anwendungs- und Ersatzfunktionen erfüllen“, sagte der Kreisbeigeordnete Klaus Weber. Das Thema Wasserstoff sei dabei eine große Chance für die Region: „Der Wasserstoff und damit verbundene Aktivitäten sind eine Chance zur Verbesserung der regionalen Wert- und Technologieschöpfung, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und auch zur Stärkung des ländlichen Raums“, so Weber.
„Wasserstoff ist fast so ein bisschen wie ein Wundermittel. Denn er ist ein universelles Medium, um Energie klimafreundlich zu transportieren“, machte der Marburger Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies deutlich. Wichtig sei dabei aber auch die klimaschonende Erzeugung und Nutzung des Wasserstoffs. Marburg habe mit der Ausrufung des Klimanotstandes im Jahr 2019 ein deutliches Signal gegeben, dass nachhaltiger Klimaschutz eine sehr hohe Priorität habe: Als Stadtverwaltung wolle man gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und wissenschaftlichen Experten bis 2030 klimaneutral werden, betonte Spies. „Global denken – Lokal handeln. Das geht nur gemeinsam als Landkreis und Stadt“.
Im Rahmen der Bearbeitung einer generellen Wasserstoffstrategie stehen vier Themenschwerpunkte im Fokus, die bei dem Strategiekonzept mit berücksichtigt werden. Einer davon ist „Wasserstoff im Energiesystem“. Hier geht es um die nachhaltige Herstellung von „grünem“ Wasserstoff, also die Erzeugung von Wasserstoff mit Strom aus Erneuerbaren Energien sowie auf Basis von Biomasse. Ein zweites Themenfeld ist „Wasserstoff bei größeren Fahrzeugen / ÖPNV“. Hier stehen Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoffantrieben bei Nutzfahrzeugen wie Müllautos sowie Betankungsmöglichkeiten im Vordergrund. „Wir haben Anfang des Jahres unseren ersten Elektrobus angeschafft und wir haben auch schon viele E-Autos im Einsatz“, berichtet Dr. Bernhard Müller, Geschäftsführer der Stadtwerke Marburg. Die Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff seien vielfältig – gleichzeitig müsse aber auch darauf geachtet werden, dass dieser „Grün“ erzeugt werde.
Die vorhandenen Kompetenzen der heimischen Automobil-Zulieferindustrie sollen im Themenbereich „Regionales Knowhow für Wasserstofftechnik“ einfließen, wo es beispielsweise um die Möglichkeiten zur Herstellung von Wasserstofftanks und Brennstoffzellen-Komponenten durch heimische Firmen geht. Die regionalen Hochschulen und Bildungseinrichtungen spielen im vierten Themenbereich „Wasserstoff in Bildung und Wissenschaft“ eine wichtige Rolle. Hierzu wurden auch schon erste Gespräche mit dem Chemikum in Marburg geführt. Diese vier Themenschwerpunkte werden dann von den verschiedenen Arbeitsgruppen vertieft.
Das Bundesverkehrsministerium fördert im Rahmen von „HyStarter“ den Landkreis Marburg-Biedenkopf als eine von bundesweit neun Wasserstoff-Regionen. Das Ministerium übernimmt dabei die anfallenden Kosten für die Projektbetreuung durch die Berliner Firma Spillet. Mit der Fördermaßnahme unterstützt das Ministerium die Kreisverwaltung Marburg-Biedenkopf, die Universitätsstadt Marburg und die Stadtwerke Marburg dabei, ein regionales Wasserstoffkonzept zu entwickeln und ein Netzwerk wichtiger Akteure zur Umsetzung aufzubauen. Die Projektbetreuung von Seiten des Bundesverkehrsministeriums unterstützt das Vorhaben außerdem durch Projektmanagement, ermittelt Techniken und deren Marktverfügbarkeit, klärt rechtliche und wirtschaftliche Fragestellungen und unterstützt bei Technologiekonzepten. Außerdem ist ein Austausch mit den anderen aktiven HyStarter-Regionen angedacht.
Die Firma Spillet begleitet Kreis, Stadt und Stadtwerke bei den insgesamt sechs Dialog-Veranstaltungen und unterstützt bei der anschließenden Zusammenstellung der Ergebnisse zu einem Gesamtkonzept. Das Spektrum der anwesenden Akteure beim ersten Strategiedialog reichte dabei von Energieversorgen, Speditionen und Autozulieferfirmen bis hin zu Forschungsinstituten.
In der von der Projektleitung begleiteten Konzepterstellungsphase ab Herbst 2020 bis Sommer 2021 sind bis zu sechs Strategiedialoge mit Akteuren zur Erarbeitung des Wasserstoff-Konzeptes angedacht. Das erarbeitete Konzept soll dann in einer Abschlussveranstaltung öffentlich vorgestellt werden und mögliche, sinnvolle Maßnahmen anstoßen.