Marburg-Biedenkopf – Auf Beschluss des Kreistags fand ein weiteres Hearing mit Vertretern aus Politik und Gesundheitswesen zur aktuellen Situation der ärztlichen Versorgung im Landkreis Marburg-Biedenkopf statt. Dabei wurden auch erste Ergebnisse des Modellprojekts „Innovative Versorgungsplanung“ vorgestellt, das der Landkreis mit Unterstützung des hessischen Sozialministeriums gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen seit November 2018 umsetzt.
Ziel dieses Projektes ist die Entwicklung innovativer und nachhaltiger Konzepte, um dem zunehmend wachsenden Fachkräftemangel bei niedergelassenen Hausärztinnen und Hausärzten und Pflegekräften entgegenzuwirken.
„Die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum ist nicht nur im Landkreis Marburg-Biedenkopf ein großes Thema“, sagte Landrätin Kirsten Fründt. „Wir sind daher sehr froh über die gute Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung. Wir erhalten bereits Anfragen zu unserer Vorgehensweise und sind Vorreiter für andere Landkreise.“
„Durch eine intensive Vor-Ort Analyse unter Einbeziehung fast aller Hausärztinnen und Hausärzte der Projektregion und der Bürgermeister im „Mittelbereich Biedenkopf“, dazu gehören die Gemeinden Angelburg, Steffenberg, Breidenbach, Dautphetal und die Stadt Biedenkopf konnten wir in kurzer Zeit wertvolle Erkenntnisse gewinnen, die wir für eine Priorisierung und die Planung konkreter Unterstützungsmaßnahmen benötigen“, betonte Dr. Birgit Wollenberg, Leiterin des Gesundheitsamtes.
Bei der Veranstaltung stellte zunächst Haydar Kilinc von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen die aktuelle Situation der ambulanten haus- und fachärztlichen Versorgung im Landkreis Marburg-Biedenkopf und insbesondere der Modellregion „Mittelbereich Biedenkopf“ dar. Die Versorgungskoordinatorin des Landkreises Marburg-Biedenkopf, Marion Messik, präsentierte im Anschluss die Vorgehensweise und erste Ergebnisse des Modellprojektes.
Gemeinsam wurden die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen vorgestellt: Eine bessere Verknüpfung von Medizinstudium und Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin mit den ländlichen hausärztlichen Praxen ist notwendig. Das Potential, Hausbesuche durch Nicht- ärztliche Praxisassistentinnen (NäPas) zu unterstützen, ist bei noch nicht ausgeschöpft. Auch die Bildung von Medizinischen Versorgungszentren oder eines regionalen Gesundheitszentrums sind mögliche Handlungsoptionen. Und als wichtigste Erkenntnis kam heraus, dass es innerhalb der Planungseinheit „Mittelbereich Biedenkopf“, in dem derzeit insgesamt sechs Hausarztsitze zusätzlich besetzt werden könnten, wesentliche Unterschiede beim Unterstützungsbedarf der aktuellen Nachbesetzungsbedarfe bestehen und eine noch kleinräumigere Betrachtungsweise sinnvoll ist.
Als nächste Schritte stehen jetzt intensive Gespräche zur Umsetzung der Maßnahmen aus den Ergebnissen mit den beteiligten Akteuren und dem Land Hessen auf der Agenda.
Frank Bletgen, Geschäftsführung der „ÄGIVO“ eG – Ärztegenossenschaft Gesundheitsversorgung im Vorderen Odenwald“, stellte anschließend das dort gewählte Modell zur Versorgungssicherung im ländlichen Raum vor. Die „ÄGIVO eG“ hat als erste Ärztegenossenschaft Deutschlands eine Zulassung zum Betrieb eines Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) erhalten, das dezentral strukturiert ist.
Anschließend wurde im Plenum intensiv diskutiert.
„Ich freue mich sehr über den konstruktiven Dialog und das große Interesse an dem Thema. Jetzt wird es darum gehen, zu schauen, wie wir die gewonnenen Erkenntnisse vor Ort konkret in Umsetzung bringen können“ fasst Kirsten Fründt abschließend zusammen.