Marburg-Biedenkopf – Mit der Digitalkonferenz am vergangenen Donnerstag hat der Landkreis Marburg-Biedenkopf seinen Digital-Dialog 2019 abgeschlossen. Landkreis und Interessierte tauschten sich in der Konferenz bei Vorträgen, Praxisbeispielen und in einer Podiumsdiskussion zum Thema Digitalisierung aus. Der Digital-Dialog bestand aus insgesamt acht Veranstaltungen rund um digitale Themen.
„Die Veranstaltungsreihe des Digital-Dialogs zeigt, dass Digitalisierung als Thema einen hohen Stellenwert im Landkreis Marburg-Biedenkopf hat. Digitalisierung ist im Alltag allgegenwärtig. Die Konferenz soll deshalb auch ein Beitrag des Kreises zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema sein. Dafür haben wir bei der Digitalkonferenz eine hohe Bandbreite an Themen abgedeckt“, begrüßte Ralf Laumer, Leiter der Stabsstelle „Dezernatsbüro der Landrätin“, die Besucherinnen und Besucher.
„Es ist wichtig, Prozesse der Digitalisierung nicht nur zu verwalten, sondern aktiv zu gestalten. Das bedeutet, Digitalisierung nicht als Selbstzweck zu sehen. Sie muss einen Mehrwert für die Nutzenden haben. Zuhören, aufpassen, vernetzen und Mehrwerte schaffen sind dabei wichtige Leitlinien für den Kreis“. Der Weg des Kreises sei dabei der des „Open government“, also Transparenz, Teilhabe und Zusammenarbeit in und zwischen Verwaltungen und Dritten. Offenheit für neue Ideen, Wünsche und Anforderungen sowie Antworten auf Fragen wie: Was tun wir und warum tun wir das, seien dabei wichtige Faktoren, erklärte Patrick Ludes, der den Prozess des „Opern government“ beim Landkreis steuert.
Im Mittelpunkt der Konferenz standen Vorträge und Praxisbeispiele aus vielfältigen Themenbereichen. Anhand von fünf Wirkungsfeldern stellten die Akteure digitale Leitsätze praxisnah vor. Im Wirkungsfeld eins, „Glück, Gesundheit und Zusammenhalt fördern“ stand ein Vortrag zu „Medienkompetenz – Digitalisierung an Schulen“ auf dem Programm. Bernd Holly und Malte Klimczak von der Steinmühle Marburg zeigten dabei Digitalisierungsprozesse im Schulunterricht auf: „Schulen haben die Aufgabe, junge Menschen fit für das Leben zu machen, davon ist Digitalisierung längst ein großer Teil. Es ist also wichtig, junge Menschen durch die Schule so zu qualifizieren, dass sie in der digitalen Welt zurechtkommen und gleichzeitig vor Gefahren der Digitalisierung geschützt werden“ machte Holly deutlich. Auch die Steinmühle selbst sei dabei schon im Digitalisierungsprozess. In einer Erprobungsphase eines siebten Jahrgangs hätten alle Schülerinnen und Schüler, unterstützt durch die Eltern, ein eigenes I-Pad. Auch die Lehrkräfte hätten ein eigenes Leihgerät von der Schule, so Holly. Auch eine App zur Kommunikation und anderen Hilfestellungen wie das Einsehen des Vertretungsplanes seien Teil der digitalen Lehre an der Schule. „Es ist wichtig, Bewährtes beizubehalten und dabei Schritt für Schritt neue Elemente hinzuzufügen“, ergänzte Klimczak die Strategie der Schule hinsichtlich Digitalisierung.
In dem Vortrag „Robotikum – Technologie begreifen“ des zweiten Wirkungsfeldes „Regionale Wirtschaft für die Zukunft stärken“, nahm Referent Prof. Dr. Jürgen Handke einen Assistenzroboter als Verstärkung mit an das Rednerpult. „Assistenzroboter können Partner beim Lernen und bei der Bewältigung von Herausforderungen in der digitalen Welt sein, zum Beispiel als Informationsquelle oder als persönliches Auskunfts- und Feedbacksystem“, erklärte Handke. „Schulklassen kommen zu Besuch um sich mit Problemlösung in der digitalen Welt und dem Programmieren eines Roboters zu beschäftigen“, so Handke weiter und verwies auf das Projekt „RobopraX“, eine Weiterentwicklung des „Robotikums“. Weitere Informationen zu dem Projekt gibt es online unter www.roboprax.de (Öffnet in einem neuen Tab).
Im dritten Wirkungsfeld „Natürliche Lebensgrundlagen erhalten“ gab Ann-Marie Weber vom kollektiv von morgen eine Einführung zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit in der Praxis. Sie stellte den Zuhörenden die „Karte von morgen“ vor. Die Karte sei eine interaktive Online-Plattform für Initiativen des Wandels und biete Orientierung auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit, erklärte Weber. „Die Karte von morgen ist eine Keimzelle für eine nachhaltige, moderne Welt. Auf ihr können Interessierte sehen, wo und wie eigentlich sozial, gemeinwohlorientiert und ökologisch gehandelt wird. Damit besteht die Möglichkeit, Bemühungen um Nachhaltigkeit systematisch darzustellen“, erläuterte Weber weiter. Aber nicht nur für Verbraucher, auch für Anbietende und Geschäfte sei die Karte eine große Chance, so Weber, denn sie biete ihnen die Chance, Feedback zur eigenen Nachhaltigkeit zu erhalten.
Das vierte Wirkungsfeld „Agile und verlässliche Kreisverwaltung“ stand an dem Abend unter dem Motto „Cybersicherheit – Basis der Digitalisierung“. Phillip Stöhr, Leiter des Projekts Cybersicherheit der Landkreise Marburg-Biedenkopf und Gießen, zeigte dabei die wichtigsten Säulen für einen sicheren Umgang mit der Digitalisierung auf: Beratung zu IT-Fragen vor Ort, beispielsweise in den Gemeinden, Schulungs- und Vernetzungsmaßnahmen die Ressourcen bündeln sowie Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, beispielsweise durch Flyer, Plakate und Newsletter, zu richtigem Verhalten in der vernetzten Arbeitswelt.
Im fünften und letzten vorgestellten Wirkungsfeld „Politik gemeinsam gestalten“ präsentierte Alexander Scriba von der ascrion GmbH das „Netz der Regionen“. Dabei handelt es sich um ein Netzwerk, in dem Akteure aus dem deutschsprachigen Raum, beispielsweise Landkreise, Bezirke, Organisationen und Projekte, online vernetzt werden und im direkten Erfahrungs- und Wissensaustausch stehen können. Das Netz sei dabei auch eine Art digitaler Konferenzraum: Ein Diskussionsforum, beispielsweise für Fragen zu ländlichen Entwicklungen, das Erstellen und Finden von Projektseiten, das Anlegen von Profilen und neuen Projekten und auch Chat-Räume seien Teil des Netzwerks, so Scriba.
Zum Abschluss brachten die Teilnehmenden in einer Podiumsdiskussion zu der Frage „Digitalisierung als Entwicklungschance ländlicher Räume?“ außerdem eigene Anregungen und Ideen ein und tauschten sich aus. Ein wichtiges Anliegen war dabei der Zugang zu Digitalisierung auch für ältere Menschen. „Das ist auch für den Landkreis ein wichtiges Thema. Ein Konzept ist dabei die Etablierung eines Lotsen-Netzwerks, das Befähigung und Teilnahme an Digitalisierung sicherstellt“, erläuterte Olaf Kirsch, Chief Digital Officer des Kreises. „Ein Ansatz ist auch, ein mobiles Bildungsangebot seitens der Volkshochschulen zu schaffen. Damit bauen wir auf schon vorhandenen Strukturen weiter auf“, ergänzte Ralf Laumer.
Eine kritische Frage eines Teilnehmenden war außerdem, ob Digitalisierung denn wirklich immer gut sei und nicht noch viel stärker auf Gefahren hingewiesen werden müsse. „Ziel der Veranstaltung war es nicht zu werten, sondern aktiv zur Gestaltung des Faktors Digitalisierung beizutragen. Denn sie ist ein beständiger Gegenstand des Alltags geworden“, erklärte Ralf Laumer.
Nachfolgeprojekte des Kreises für 2020 sind schon in Planung, um gemeinsam mit der Zivilgesellschaft die Digitalisierung vor Ort weiter voranzubringen.