Marburg-Biedenkopf – Das neue Teilhabechancengesetz bietet die Möglichkeit, langzeitarbeitslosen Menschen neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Gleichzeitig können damit auch Unternehmen bei der Integration von Menschen in das Erwerbsleben gefördert werden.
Eine Erwerbstätigkeit bedeutet für die meisten Menschen mehr als der reine Broterwerb. Soziale Kontakte sowie Selbstwertgefühl durch eigenes Einkommen, was durch eine Erwerbstätigkeit erzielt wird, sind mit einer Arbeit unmittelbar verbunden.
„In den vergangenen Jahren ist es trotz der guten Arbeitsmarktlage und guter Vermittlungserfolge des KreisJobCenters (KJC) leider nicht in jedem Fall gelungen, Menschen mit langer Arbeitslosigkeit aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende zurück in den Arbeitsmarkt zu integrieren“, stellt der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow fest. Zu komplex seien die individuellen Problemlagen. Auch die Instrumente der Arbeitsförderung, die bis jetzt zur Verfügung standen, seien oft zu unflexibel gewesen. Öffentlich geförderte Beschäftigungen mussten wettbewerbsneutral und zusätzlich sein und durften nur bei Beschäftigungsträgern oder bei gemeinnützigen Unternehmen oder Vereinen eingerichtet werden. Die freie Wirtschaft war ausgeschlossen. Die für diese Betriebe vorgesehenen Eingliederungszuschüsse für Betriebe waren häufig für die Unternehmen nicht lukrativ genug.
Jetzt hat der Gesetzgeber reagiert: Wer über 25 Jahre alt ist und in den vergangenen sieben Jahren mindestens sechs Jahre Leistungen der Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) bezogen hat und in dieser Zeit nicht mehr als kurzzeitig beschäftigt war, kann nach den neuen Regeln des § 16 i des SGB II gefördert werden.
Ebenfalls neu sind Zuschüsse nach § 16 e SGB II für Unternehmen, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sozialversicherungspflichtig beschäftigen möchten, die mindestens zwei Jahre arbeitslos gemeldet sind. Beide Neuerungen wurden durch das „Teilhabechancengesetz“ in das SGB II eingeführt.
Das KJC betreut derzeit rund 8.758 sogenannte „erwerbsfähige Leistungsberechtigte“, von denen aber derzeit nur etwa 3.000 Menschen nach der statistischen Definition arbeitslos sind. Insgesamt rechnen die Verantwortlichem im KreisJobCenter mit etwa 500 Personen, die von den neuen Instrumenten profitieren können.
Die neuen Regeln richten sich an alle Unternehmen, die Menschen dieser Personenkreise einstellen möchten. Dabei werden im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsmarkt Zuschüsse bis zu fünf Jahren und in Höhe von 100 Prozent des Arbeitsentgelts in den ersten beiden Jahren gezahlt. Für die Eingliederung von langzeitarbeitslosen Menschen nach § 16 e SGB II ist eine Förderung über zwei Jahre in Höhe von 75 Prozent im ersten und 50 Prozent im zweiten Beschäftigungsjahr vorgesehen. In unterschiedlichen Konstellationen sind auch Angebote zur Betreuung nach der Beschäftigungsaufnahme sowie finanzielle Unterstützung bei einer notwendigen Qualifizierung möglich.
„Endlich haben wir schlagkräftige Instrumente zur Verfügung, die mit einem überschaubaren bürokratischen Aufwand lukrativ für die Unternehmen unserer Region sind und dazu beitragen Menschen, mit teilweise multiplen Problemlagen wieder eine Chance auf Erwerbstätigkeit zu geben“, unterstreicht Zachow. „Wir möchten die Arbeitgeber aufrufen, sich bei uns zu melden, wenn sie langzeitarbeitslosen Menschen eine Chance geben wollen – klar muss aber sein, dass die Leistungsfähigkeit der Bewerberinnen und Bewerber oftmals eingeschränkt ist.“
Andrea Martin, Leiterin des Fachbereichs Integration und Arbeit, zu dem das KreisJobCenter gehört, sagt: „Wenn sich ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin während der geförderten Beschäftigung in einem Unternehmen etabliert und bewährt, hoffen wir, dass der arbeitsmarktpolitische Klebeeffekt eintritt und die beschäftigten Personen auch nach der Förderzeit übernommen werden.“
Grundsätzlich sieht die Strategie des Kreisjobcenters vor, nur langfristige Beschäftigungsverhältnisse zu fördern. „Förderungen nur über zwei Jahre – also nur wenn es eine 100 prozentige Förderung gibt und danach wieder Arbeitslosigkeit – das wird es bei uns nicht geben, das wird den Menschen nicht gerecht“, betont Marian Zachow.
Das Teilhabechancengesetz bietet auch Menschen, die bereits im Rahmen des Programms „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ in gemeinnützigen Bereichen gearbeitet haben, Perspektiven auf weitere Beschäftigung. In 20 Fällen wurde dies bereits bewilligt. Auch mit Arbeitgebern des ersten Arbeitsmarktes ist der Arbeitgeberpersonalservice des KJC im Gespräch und schlägt derzeit geeignete Kandidaten vor. „Wir möchten in diesem Jahr mindestens 80 Menschen durch diese neuen Instrumente in Arbeit bringen“, so Uwe Kreiter, Chef des Arbeitgeberpersonalservice des KJC. Finanzielle Mittel stehen ausreichend zur Verfügung, denn erstmals sollen im Rahmen der Förderungen die durch das Erwerbseinkommen eingesparten Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes dem Jobcenter wieder für die aktive Förderung zur Verfügung gestellt werden. Dieser sogenannte „Aktiv-Passiv-Transfer“ wurde jahrelang von Sozialverbänden und auch Arbeitsmarktexperten gefordert und wurde mit dem neuen Gesetz erstmals Realität.
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