Marburg-Biedenkopf – Mit 10.000 Euro unterstützt der Landkreis Marburg-Biedenkopf zehn Bürgerbus-Angebote im Kreis. Der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow übergab am Montag im Rathaus in Niederweimar die Förderbescheide an die Vertreter der Kommunen und der Bürgerbusinitiativen aus Amöneburg, Bad Endbach, Biedenkopf, Breidenbach, Dautphetal, Ebsdorfergrund, Kirchhain, Lahntal, Lohra und Weimar.
„Es ist ein besonderes Anliegen des Kreises und des für den ÖPNV im Landkreis zuständigen RMV Marburg-Biedenkopf die verschiedenen Bürgerbusprojekte zu unterstützen“, betonte Marian Zachow. „Gerade in unserem Flächenlandkreis, der ja so etwas wie die Heimat der Bürgerbus-Projekte gilt, ist es wichtig, ältere Menschen zum Arztbesuch zu bringen und auch die persönliche Versorgung in einem nahegelegenen Einkaufsmarkt zu ermöglichen“, berichtet der Erste Kreisbeigeordnete zur Praxis der Bürgerbusprojekte.
Bürgerbussen komme eine wichtige gesellschaftliche Funktion für die örtliche Gemeinschaft zu: Fahrer und Fahrerinnen hätten auf der einen Seite die Möglichkeit sich sinnvoll und sichtbar sozial zu engagieren. Fahrgästen erleichterten sie zudem die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
„Der Landkreis Marburg-Biedenkopf möchte mit einem jährlichen Zuwendungsbetrag die bestehenden und neuen Bürgerbusprojekte im Landkreis nachhaltig fördern“, erläuterte Zachow die Initiative des Kreises. Alle Beteiligten seien hier auf einem sehr guten Weg, denn nirgendwo gebe es so viele Bürgerbus-Angebote wie in Marburg-Biedenkopf, betonte der Erste Kreisbeigeordnete.
Die wichtige gesellschaftliche Funktion der Projekte unterstreicht auch ein Forschungsprojekt der Frankfurt University of Applied Sciences, das 2017 im Landkreis Marburg-Biedenkopf fünf Bürgerbusprojekte untersuchte. Die Untersuchung der fünf Bürgerbus-Angebote in Weimar, Lahntal, Amöneburg, Biedenkopf und Bad Endbach zeigt, so die weiteren Ausführungen aus dem Forschungsbericht, dass Bürgerbusse gut geeignet sind, das örtliche Mobilitätsangebot zu ergänzen. Sie sprechen Mobilitätsbedürfnisse an, die vom ÖPNV nicht voll befriedigt werden können. Erfolgsfaktoren sind das Engagement der Kommunen mit der Bereitstellung der Fahrzeuge und der Übernahme der Unterhaltungskosten sowie der ehrenamtliche Einsatz der Fahrerinnen und Fahrer und die persönlichen Verbindungen von Fahrgästen und Fahrpersonal.
Ein Vergleich der Fahrgastnachfrage der ersten Jahreshälfte 2017 zeigt im Forschungsbericht deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Angeboten. Die Anzahl der Fahrgäste pro Monat liegt bei den Linienangeboten zwischen 40 (Amöneburg) und 120 (Biedenkopf) und erreicht Spitzenwerte von 180 (ebenfalls Biedenkopf).
Berücksichtigt man die unterschiedliche Anzahl der Fahrtage, so ergibt sich ein etwas anderes Bild: während in Amöneburg, Lahntal und Weimar größenordnungsmäßig zehn bis zwölf Personen je Fahrtag befördert werden, liegt dieser Wert in Biedenkopf bei nur etwa sieben. Eine vergleichsweise niedrige Nachfrage ist in Bad Endbach im Betrachtungszeitraum der ersten sieben Monate 2017 festzustellen. Dieser Einzelfall ermöglicht aber noch keine belastbare generelle Aussage, ob bei Bedarfsverkehren die Nachfrage niedriger ist als bei Linienverkehren, zumal die Fahrgastnachfrage jüngeren Angaben zufolge im zweiten Halbjahr deutlich zugenommen hat.
Eine erfreuliche Tendenz zeigt die Befragung der insgesamt 55 Fahrgäste der fünf Bürgerbus-Angebote zu ihren Nutzungsgewohnheiten und den Nutzungserfahrungen. Zunächst wurden die Fahrgäste nach der Zufriedenheit mit dem Bürgerbus-Angebot befragt. Hierbei wurde nach dem Schulnotenprinzip bewertet (1 = „sehr gut“ bis 6 = „ungenügend“). Die Gesamtzufriedenheit ist bei einer Durchschnittsnote von rund 1,5 sehr positiv ausgefallen. Lahntal (1,2) und Weimar (Lahn) (1,3) führen das Ranking an.
Werden die Bewertungen der Einzelaspekte betrachtet, so wird die Freundlichkeit des Personals mit rund 1,2 am besten bewertet. Darauf folgt der Service bei der Fahrt (1,3) und die Pünktlichkeit (1,4). Die Fahrtenhäufigkeit (1,9) und die Fahrtrouten (1,7) werden in dieser Kategorie am schlechtesten bewertet, liegen aber trotzdem noch in einem „guten“ Bereich.
Parallel zur Fahrgastbefragung wurden 47 Fahrerinnen und Fahrer sowie neun Bürgerbusverantwortliche aus Ehrenamt und Kommunen („örtliche Akteure“) zur Einschätzung des Angebotes befragt. Mit einem Durchschnittsalter von 66 Jahren sind die ehrenamtlichen Fahrerinnen und Fahrer nur unwesentlich jünger als der Durchschnitt der Fahrgäste. Wichtigste Motivation ist das Engagement für die Mitbürgerinnen und Mitbürger die prägnant in einem Zitat eines Bürgerbusfahrers zum Ausdruck kommt: „Ich habe in meinem Leben so viel Gutes erlebt – davon möchte ich jetzt ein wenig zurückgeben“.
Die Zufriedenheit der Fahrerinnen und Fahrer liegt insgesamt auf hohem Niveau. Dabei fällt die Gesamtzufriedenheit mit einer Durchschnittsnote von 1,8 etwas geringer aus, als die Zufriedenheit der Fahrgäste. Mit der Bewertung 1,4 fällt dabei die Freundlichkeit der Fahrgäste am höchsten aus und bestätigt die persönlichen Verbindungen von Fahrgast und Fahrpersonal.
„Mit dem Ergebnis dieser Studie können wir in hohem Maße zufrieden sein“, betonte der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. „Wir sind auf gutem Wege, zumal inzwischen insgesamt zehn Bürgerbusprojekte kreisweit aktiv sind“, erläuterte Zachow die positive Entwicklung der Bürgerbusangebote.