Marburg-Biedenkopf – Eine Würdigung von 25 Jahren Betreuungsrecht hat im Mittelpunkt einer Veranstaltung im Marburger Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) gestanden. Die Betreuungsbehörde des Landkreises Marburg-Biedenkopf sowie die drei Betreuungsvereine, Betreuungsverein Biedenkopf, Forum Humanistische Pädagogik und Betreuung e.V. und Marburger Verein für Selbstbestimmung und Betreuung e.V., hatten zu Vorträgen, Arbeitsgruppen und Gesprächen eingeladen.
Die Veranstaltung war mit etwa achtzig Teilnehmern gut besucht. Teilgenommen haben interessierte Bürger, rechtliche Betreuer, Bevollmächtigte, Angehörige von Betroffenen, Richter sowie Mitarbeiter von Behörden und Institutionen. Landrätin Kirsten Fründt übernahm die Schirmherrschaft. Dr. Birgit Wollenberg, Fachbereichsleiterin des Gesundheitsamtes Marburg-Biedenkopf, führte durch die Veranstaltung.
Prof. Dr. Tobias Fröschle von der Universität Siegen referierte zum historischen Wandel des Betreuungsrechts. Er betonte, dass es sich nach dessen Inkrafttreten 1992 deutlich weiter entwickelt habe. „Wir nutzen es heute, um mehr Selbstbestimmung für die betreuten Menschen zu schaffen.“ Für ihn gäbe es aber noch einige Baustellen. „Das Dringendste, was wir brauchen ist eine Qualitätssicherung für die Betreuer“, sagte Fröschle.
Helga Steen-Helms, Leiterin der überörtlichen Betreuungsbehörde am Hessischen Sozialministerium, hob in ihrem Beitrag die enge Zusammenarbeit mit den örtlichen Betreuungsvereinen und Betreuungsbehörden hervor. Aus dieser Zusammenarbeit sind auch die Fortbildungsreihen für ehrenamtliche Betreuer, Vorsorgevollmacht und freiheitsentziehende Maßnahmen entstanden. Sie verwies auf die Broschüre „Die rechtliche Betreuung“ in leichter Sprache, die auf der Internetseite des Hessischen Sozialministeriums zum Download bereit steht.
Dr. Wolfgang Berensmann, Betreuungsrichter a.D. aus Marburg, erläuterte die Entwicklung des Betreuungsrechts aus Sicht eines Richters. „Die Aufgabe eines Betreuers ist es heute, das Beteiligungsrecht des Betroffenen zu stärken.“ Auch wenn das Wohl der Betreuten weiterhin zu beachten sei, habe der Wunsch des Betreuten einen viel größeren Stellenwert als früher. „Freiheitsrechte werden nicht vom Betreuer gewährt. Sie sind als Menschenrecht vorhanden“, sagte Berensmann. Auch zum Wohle des Betreuten könne der Betreuer nur in einem sehr engen Rahmen eingreifen, und zwar sowohl aus rechtlichen als aus praktischen Gründen. In seinem Fazit stellte Berensmann dem Betreuungsrecht insgesamt ein gutes Zeugnis aus.
Anschaulich und anekdotenhaft erzählte abschließend der ehrenamtliche Betreuer Gerd Otto aus seinem Alltag als Betreuer. Ungeschönt sprach er von den Höhen und Tiefen, die das Ehrenamt mit sich brächten. Privates und ehrenamtliche Tätigkeit zu trennen sowie eine professionelle Distanz zu wahren, sei für ihn und viele andere Betreuer nicht immer leicht.
In der Diskussion nach den Vorträgen wurde unter anderem zum Ausdruck gebracht, dass sich ehrenamtliche Betreuer mehr Unterstützung wünschen. Als Beispiel wurde die Supervision genannt, welche eine Form der sozialpsychologischen Beratung ist. In den Workshops, die die Betreuungsvereine ausrichteten, bestand die Möglichkeit, sich über den Rehabilitationsauftrag in der rechtlichen Betreuung, die Schritte nach der Übernahme einer ehrenamtlichen Betreuung sowie freiheitsentziehenden Maßnahmen auszutauschen, woran viele Teilnehmer interessiert mitgewirkt haben.