Marburg-Biedenkopf – Ein Glaskrug mit Zinndeckel zur Erinnerung an die Einweihung der Bahnlinie Wallau-Oberscheld im Jahr 1911 ist das Exponat des Monats September im Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf.
Bei dem erst vor kurzem dem Hinterlandmuseum im kreiseigenen Schloss Biedenkopf gestifteten Ausstellungsstück handelt sich um einen Glaskrug mit einem gravierten Zinndeckel. Der Krug fasst laut Markierung „0,4 L“ und wurde laut Markenemblem von der Sächsischen Glasfabrik Radeberg hergestellt. Der Krug stammt aus dem Nachlass von Friedrich Wilhelm Keiner, der 1911 in Wolzhausen lebte und dort bei der Eisenbahn beschäftigt war. 1918 war er am Bahnhof Herrnberg tätig und wohnte auch im Bahnhofsgebäude. Der Krug könnte somit ein Geschenk zur Einweihung an die Bahnbediensteten gewesen sein, vielleicht auch in Zusammenhang mit der Bewirtung benutzt worden sein.
Der Henkel des Kruges ist mit einem schematisierten Wappen versehen. Der Deckel zeigt zentral das Flügelrad, das 1853 in Preußen als allgemeines Symbol für die Eisenbahn eingeführt und erst 1994 endgültig aufgegeben wurde. Das Flügelrad ist umgeben von den Worten „Bahnhof Wolzhausen“. Am Rand findet sich die Umschrift: „Andenken an die Einweihung der Bahn Wallau-Oberscheld am 29/4.1911.“
Das Exponat erinnert an die Eröffnung der Gesamtstrecke der Scheldetalbahn von Dillenburg nach Wallau. Ein erstes Teilstück war von der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft gebaut und bereits 1872 in Betrieb genommen worden. Es führte von Dillenburg über Oberscheld bis zum Nicolausstollen. Ein Stichgleis führte von Oberscheld zum Auguststollen. Motivation für den Bau der Bahn waren die reichen Erzvorkommen um Oberscheld – das Lahn-Dill-Gebiet war um 1870 generell der wichtigste Eisenstein-Lieferant für das Ruhrgebiet. Die Scheldetalbahn diente daher zunächst nur dem Güterverkehr, ab 1896 auch dem Personenverkehr.
Wirtschaftliche Interessen, etwa Gruben und Steinbrüche im Breidenbacher Grund an die Bahn anzubinden, veranlassten Planungen zur Weiterführung an die 1883/89 eröffnete obere Lahntalbahn. Durch die Preußische Staatseisenbahn erfolgte ab Sommer 1909 der Weiterbau nach Wallau, wo die Scheldetalbahn auf die Lahntalbahn traf. Wolzhausen erhielt einen eigenen Bahnhof, gebaut nach einem Typenentwurf des Reichsbahn-Architekten Alois Holtmeyer. Sehr ähnlich sind andere Bahnhöfe an der Strecke wie Breidenbach und Herrnberg.
Am 28. April 1911 wurde die „staatliche Nebenbahn Oberscheld-Wallau“ offiziell eröffnet. Dies geschah durch einen Festzug, der von Biedenkopf nach Dillenburg fuhr. „Auf allen Stationen und Haltepunkten unterwegs, die festlich geschmückt waren, wurde der Eröffnungszug von Menschenmengen erwartet. Überall hielt der jeweilige Bürgermeister, manchmal auch ein Lehrer, eine kleine Rede, überall wurden Blumen und Dankesworte weitergegeben“, heißt es in historischen Quellen. Konkret über Wolzhausen ist überliefert: „In Wolzhausen bot die Brauerei Thomé den Reisegästen von ihrem Bier an.“
Der Verkehr nach Fahrplan begann am 1. Mai 1911. Eingerichtet war die Scheldetalbahn vor allem für den Gütertransport der Industrie sowie den Pendelverkehr der Arbeiter. 1987 wurde zunächst der Personen-, 2002 auch der Güterverkehr eingestellt. Seit 2007 findet allerdings auf einem Reststück wieder Güterverkehr zum Abtransport von Holz statt. Die übrige Bahnlinie wurde ab- oder überbaut. Einige Brücken und ehemalige Bahnhofsgebäude sind noch vorhanden.
Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf:
Die wechselnden Exponate des Monats können im Rahmen der Dauerausstellung im Hinterlandmuseum Schloss Biedenkopf bis 15. November 2017 dienstags bis sonntags von 10:00 bis 18:00 Uhr besucht werden. Weitere Informationen sind beim Hinterlandmuseum (Telefon: 06461 924651, E-Mail: Hinterlandmuseummarburg-biedenkopfde) oder im Internet unter www.marburg-biedenkopf.de/kultur/hinterlandmuseum-schloss-biedenkopf/ erhältlich.
Eintrittspreise:
Erwachsene: 2,50 Euro
Kinder bis 14 Jahre: 1,30 Euro
Gruppen pro Person jeweils: 2,00 Euro
Schulgruppen pro Person: 1,00 Euro
Inhaber der Ehrenamtscard: frei